Die Methode, die Maggie Dallman vom Imperial College in London zusammen mit ihren Kollegen aus Cambridge und Edinburgh bei Mäusen erfolgreich eingesetzt hat, könnte diese Medikamente in Zukunft überflüssig machen. Der neue Ansatz nutzt eine Besonderheit der T-Zellen des Immunsystems aus: Normalerweise befinden sich die T-Helfer-Zellen, die bei Bedarf die Abwehrreaktion des Körpers anstoßen, im Gleichgewicht mit so genannten T-Suppressor-Zellen, deren Aufgabe die Unterdrückung des Immunsystem ist. Bei einer Infektion oder auch nach einer Transplantation steigt die Zahl der Helfer-Zellen an, während die der Suppressor-Zellen abfällt.
Die Forscher drehten bei ihrem Ansatz den Spieß einfach um: Zwei Wochen vor der eigentlichen Transplantation verpflanzten sie einen kleinen Teil des Spendergewebes in den Körper der Mäuse. Ein bestimmter, gleichzeitig verabreichter Wirkstoff sorgte dann dafür, dass nicht die Helfer-Zellen, sondern die Suppressor-Zellen verstärkt gebildet wurden und das Immunsystem so gar nicht erst in Alarmbereitschaft versetzt wurde. Durch diese Behandlung akzeptierte der Mäusekörper das neue Organ bis zu vier Mal so lang wie ohne die Gewöhnungsphase.
Die später erfolgende Abstoßung basiere auf einem anderen Mechanismus, erklären die Forscher. Sie sind jedoch zuversichtlich, ihre Methode so erweitern zu können, dass sie auch diese spätere Abstoßungsreaktion verhindert. „Immer häufiger werden Nieren, Lungen- oder Lebergewebe von lebenden Verwandten gespendet“, sagt Studienleiterin Dallman. Daher sei es in vielen Fällen kein Problem, vor der Transplantation Proben des Spendergewebes zu bekommen. Durch den neuen Ansatz, den die Wissenschaftler „umgekehrte Impfung“ nennen, hoffen sie, auch Autoimmunkrankheiten wie Diabetes, Multiple Sklerose oder Allergien bekämpfen zu können.