Wer sie reizt, spielt mit dem Leben: Die afrikanisierten Honigbienen sind für ihre lebensbedrohlichen Attacken auf Menschen berühmt-berüchtigt. Im Gegensatz zur europäischen Honigbiene fällt das ganze Volk stechwütig über jeden Störenfried her, der dem Stock zu nahe kommt. Das macht diese besondere Version der Honigbienen gefährlich und auch für die Imkerei problematisch.
Letztlich handelt es sich bei der afrikanisierten Honigbiene um ein invasives Insekt, für dessen Entstehung der Mensch verantwortlich ist. In den späten 1950er Jahren entkamen die „Killerbienen“ aus einer experimentellen Einrichtung in Brasilien. Ein Zuchtprogramm hatte darauf abgezielt, eine wünschenswerte Mischung von Merkmalen der sanften europäischen Bienen und ihrer afrikanischen Gegenstücke hervorzubringen, die besonders krankheitsresistent, ertragreich und an ein tropisches Klima angepasst sind. Prinzipiell klappte dies sogar – doch die Geschichte hatte einen Haken: Leider setzte sich bei den Mischlingen die kritische Eigenschaft der Afrikanerinnen durch: enorme Aggressivität. Anschließend breiteten sich die afrikanisierten Bienen rasch in Südamerika aus, erreichten schließlich die südlichen Staaten der USA sowie in den 1990er Jahren auch Puerto Rico.
Sanftmut auf Puerto Rico
Doch auf dieser Insel geschah mit den „Killerbienen“ in den vergangenen 30 Jahren etwas Bemerkenswertes: 2012 berichteten Forscher erstmals, dass die afrikanisierten Bienen auf Puerto Rico ähnlich sanft sind wie die europäischen Honigbienen. Dies legte nahe, dass eine genetische Veränderung in dieser isolierten Inselpopulation stattgefunden hat. Um dieser Spur nachzugehen, haben die Forscher um Gene Robinson von der University of Illinois nun die Genome von 30 sanften puerto-ricanischen Bienen, 30 afrikanisierten (aggressiven) Bienen aus Mexiko und 30 europäischen Honigbienen sequenziert und die genetischen Informationen miteinander verglichen.
Es zeigte sich: Das Erbgut der sanften puerto-ricanischen Bienen entspricht zwar größtenteils denen ihrer afrikanisierten Vorfahren, doch bestimmte Regionen der DNA haben sich verschoben und reflektieren mehr vom Erbe der europäischen Biene. Diese Regionen scheinen für die Sanftheit verantwortlich zu sein und haben offenbar auf Puerto Rico unter positiver Selektion gestanden, erklären die Forscher. Dies bedeutet, dass etwas im dortigen Lebensraum der Bienen diese genetischen Merkmale der Sanftheit gegenüber anderen begünstigt hat.
Evolution auf der Insel
Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die Bienen auf der beschränkten und sehr dicht bevölkerten Insel gleichsam fügen mussten. Die Menschen haben wahrscheinlich konsequent die aggressivsten Bienenvölker vernichtet – sanftmütigere besaßen dadurch bessere Chancen sich zu vermehren. „Evolution fußt auf Veränderungen in der Häufigkeit von Genvarianten in einer Population, und genau das sehen wir auf Puerto Rico“, sagt Robinson. „Jetzt können wir diese sanften afrikanisierten Bienen genetisch von anderen afrikanisierten Honigbienen und von europäischen Honigbienen unterscheiden“, betont der Wissenschaftler.
Die neuen Erkenntnisse könnten nun für die Bienenzucht interessant werden, sagen die Forscher. Denn letztlich ist auf Puerto Rico auf natürliche Weise passiert, was man sich einst bei der Kreuzung der afrikanischen mit den europäischen Bienen erhofft hat: Es ist eine vitale, ertragreiche aber auch sanfte Honigbiene entstanden. Europäische Honigbienen sind anfälliger für eine Vielzahl schwächender Parasiten und Krankheitserreger. Ihr rapider Niedergang seit 2005, der als Bienensterben bekannt geworden ist, hängt vermutlich mit diesen Aspekten zusammen. „Die Tatsache, dass wir gezeigt haben, dass die Genetik dieser puerto-ricanischen Bienen sehr verschieden von den europäischen Bienen ist, dass sie aber nachweislich sanft sind, macht sie aus züchterischer Sicht sehr interessant, um den Verfall der Bestäuber einzuschränken“, sagt Hudson.
Quellen:
- University of Illinois at Urbana-Champaign, Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-017-01800-0