Schimpansen machen mit extra angefertigten Holzspeeren Jagd auf kleine Affen, hat ein Forscherduo im südöstlichen Senegal beobachtet: Sie stoßen mit angespitzten Ästen in Baumhöhlen, in die sich nachtaktive Buschbabys tagsüber zum Schlafen zurückziehen, und versuchen so, die kleinen Primaten aufzuspießen. Anschließend erweitern die Schimpansen die Höhlungen, um an die bewegungsunfähige Beute heranzukommen. Die Speere sind das erste Beispiel für den Gebrauch eines Werkzeugs bei der Jagd, berichten die Anthropologen. Bislang waren bei den Menschenaffen hauptsächlich Hilfsmittel für das Fangen von Ameisen und anderen Insekten sowie Steinwerkzeuge für das Aufbrechen von Nüssen beobachtet worden.
Die Herstellung der Speere erfolgte immer in mehreren Schritten, beobachteten die Wissenschaftler: Sobald die Schimpansen eine vielversprechende Höhlung in einem Baum entdeckten, brachen sie in der Nähe einen Zweig von einem Baum, entfernten Blätter und kleine Äste und bissen eines oder beide Enden ab. In den meisten Fällen spitzten sie ihr Werkzeug zusätzlich mithilfe ihrer Schneidezähne an einem Ende an. Anschließend stießen sie den Speer mehrmals heftig in die zuvor ausgemachte Höhlung hinein.
Besonders erfolgreich war diese Strategie allerdings nicht: Lediglich in einem von 22 Versuchen gelang es den Schimpansen tatsächlich, ein Buschbaby damit zu fangen. Dabei sollen die Stöße die Halbaffen wohl nicht aufschrecken, sondern sie verletzen und damit bewegungsunfähig machen. Würden die Schimpansen die Baumhöhlen nämlich ohne diese Vorsichtsmaßnahme öffnen, hätten sie wohl kaum eine Chance, die flinken Buschbabys zu fangen.
Interessanterweise waren es fast ausschließlich Weibchen und heranwachsende Jungtiere, die diese Jagdstrategie nutzten ? und nicht die sonst für die Fleischbeschaffung zuständigen Männchen, erklären die Forscher. Das lässt ihrer Ansicht nach den Schluss zu, dass auch bei den frühen Menschenvorfahren die Weibchen eine größere Rolle bei der Entwicklung von Werkzeugen gespielt haben als bislang angenommen. Das gilt anscheinend ebenso für Jagdwaffen wie für Werkzeuge, die zum Sammeln anderer Nahrung verwendet werden. Solche Hilfsmittel, mit denen Insekten, Früchte oder Nüsse gesammelt und aufgebrochen werden können, waren bei Schimpansen bereits früher beobachtet worden.
Jill Pruetz (Iowa State University), Paco Bertolani (Cambridge University): Current Biology, DOI: 10.1016/j.cub.2006.12.042 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel