Ist es Frust? Torschlusspanik? Das Gefühl, dass der Vogel von niemandem mehr geliebt wird auf der Welt? Wird ein männlicher Steinsperling von seiner Partnerin betrogen, singt er nämlich lauter, hat ein Forscherteam vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und der Universität Kopenhagen herausgefunden.
Tempo, Tonhöhe und Lautstärke des Gesanges spiegeln den Fortpflanzungserfolg der Männchen wider. Überraschenderweise sangen die erfolgreicheren, meist älteren Männchen in einer höheren Tonhöhe und mit geringerem Tempo als die jüngeren. Ältere Männchen wurden aber von ihren Weibchen auch häufiger betrogen. Betrogene Männchen, egal ob jung oder alt, sangen lauter; vermutlich als Reaktion auf die Abwesenheit ihrer Partnerin. Ein geträllertes „Komm zurück!“ quasi.
Normalerweise hören Vogelweibchen nämlich genau hin, wenn Männchen singen. Denn so erfahren sie etwas über die Qualität des möglichen Partners. Sie achten dabei besonders auf die Anzahl der so genannten sexy Silben, das sind Schlüsselelemente im Gesang. Je mehr das Männchen davon trällert, desto besser ist auch seine Fortpflanzungsfähigkeit. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Lautstärke.
Doch bei Steinsperlingen konnten die Forscher nun das Gegenteil belegen. Dazu hatten sie über zwei Brutzeiten Mikrofone an Strommasten installiert, an denen die Vögel brüteten und an von denen sie auch sangen. Es zeigte sich etwa, dass diejenigen Männchen, die lauter sangen, mehr Nachkommen im eigenen Nest hatten. Allerdings waren die nicht von ihnen. Vor allem ältere Männchen hatten mehr Kuckuckskinder im Nest.
Bevor das Mitleid mit den betrogenen Vögeln zu groß wird; ältere Männchen konnten die Seitensprünge ihrer Partnerin jedoch durch vermehrtes eigenes Fremdgehen mehr als wettmachen – so hatten sie schließlich doch den größten Fortpflanzungserfolg.
Bild: Henrik Brumm/MPI für Ornithologie