Bei einigen Krebspatienten können Tumorzellen im Blut noch Jahrzehnte nach ihrer Heilung nachgewiesen werden. Das haben amerikanische Forscher bei ehemaligen Brustkrebspatientinnen entdeckt: Ein Drittel der untersuchten Frauen hatten die so genannten schlafenden Krebszellen im Blut. Der Körper muss demnach Abwehrmechanismen besitzen, mit denen er die bösartigen Zellen in Schach hält, schließen Jonathan Uhr von der Universität von Texas in Houston und seine Kollegen aus dieser Entdeckung. Sie beschreiben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Clinical Cancer Research (Bd. 10, 15. Dezember). Die Anwesenheit der Zellen könnte auch erklären, warum eine Krebserkrankung manchmal nach vielen Jahren wieder ausbricht.
Das Phänomen der schlafenden Krebszellen ist bereits aus Tierversuchen bekannt. Um zu überprüfen, ob es solche Zellen auch beim Menschen gibt, untersuchten Uhr und seine Kollegen Blutproben von 36 Frauen, die nach einer Brustamputation mindestens sieben Jahre lang als völlig geheilt galten. Bei 13 dieser Frauen fanden die Forscher die bösartigen Zellen, ohne dass eine erneute Tumorbildung vorlag. Einige der Patientinnen waren seit mehr als 20 Jahren beschwerdefrei. Da zirkulierende Krebszellen nur eine sehr begrenzte Lebensdauer haben, muss es irgendwo im Körper ein ständig erneuertes Reservoir an Tumorzellen geben, schreiben die Wissenschaftler. Möglicherweise handelt es sich dabei um winzige Tumoren, die irgendwo im Körper unerkannt überdauern.
Bei den Patienten, die gesund bleiben, hat der Organismus offenbar eine Möglichkeit gefunden, die Anzahl der zirkulierenden Zellen in Schach zu halten, schreiben die Wissenschaftler. Zu wissen, wie genau der Körper diese friedliche Koexistenz erreicht, könnte bei der Entwicklung neuer Krebstherapien helfen. Außerdem sei es wichtig, die Veränderungen zu charakterisieren, die das friedliche Zusammenleben beenden und einen Rückfall verursachen. Wären die ausschlaggebenden Faktoren bekannt, könnten Patienten mit einem höheren Risiko für einen Rückfall besonders überwacht werden.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel