Unter den Phlegräischen Feldern (Campi Flegrei) schlummert ein Monster: Vor knapp 40.000 Jahren hüllte eine gigantische Eruption halb Europa in Asche und Rauch und prägte die Region. Die nicht sichtbare, eingesunkene Caldera liegt zu zwei Dritteln unter Wasser und stellt einen Supervulkan dar. Wirklich zur Ruhe gekommen ist das Gebiet nie: Auf einer Fläche von etwa 150 Quadratkilometern zeugen heiße Quellen und Gasaustritte von der brodelnden Glut im Untergrund. Der letzte größere Ausbruch hat sich im Jahre 1538 ereignet: Bei einer Eruption in den Phlegräischen Feldern entstand innerhalb von acht Tagen ein neuer Vulkankrater – der 132 Meter hohe Monte Nuovo.
Unruhe vor dem Erwachen?
In den letzten 67 Jahren hat es in dem vulkanischen Gebiet immer wieder verstärkt rumort: Zwei Jahre lang in den 1950er, 1970er und 1980er Jahren. Es kam zu lokalen Erdbeben und Bodenanhebungen. Auffälliger Weise war über ähnliche Effekte auch in dem Jahrhundert vor dem letzten großen Ausbruch im Jahre 1538 berichtet worden. Seit 2005 hebt sich der Untergrund über dem Supervulkan nun erneut und weitere Zeichen sprechen ebenfalls für eine verstärkte Aktivität im Untergrund. Der Frage, wie akut die Gefahr eines Ausbruchs tatsächlich sein könnte, ist nun das Vulkanologenteam um Christopher Kilburn vom University College London nachgegangen. Sie nutzten dazu ein neues Modell von Bruch-Effekten im Gestein über vulkanischen Hotspots.
Bisher vermuteten Vulkanologen, dass bei den Perioden der Unruhe die Energie durch die Dehnung der Gesteinskruste abgebaut wird. Doch Kilburn und seine Kollegen kamen nun zu einem anderen Ergebnis: Die Unruhe seit den 1950er Jahren besaß eine kumulative Wirkung, was zu einem Aufbau von Energie in der Kruste geführt hat und damit zu einer größeren Gefahr für einen Ausbruch.
Druck hat sich aufgebaut
„Die Untersuchung und Modellierung, wie es im Untergrund von Campi Flegrei knackt und ruckt, lässt vermuten, dass es sich um eine kritische Phase handeln könnte, in der weitere Aktivitäten die Wahrscheinlichkeit einer Eruption erhöhen. Die Behörden müssen darauf unbedingt vorbereitet sein“, sagt Kilburn. „Wir wissen natürlich nicht genau, wann oder ob diese langfristige Unruhe zu einem Ausbruch führen wird, aber Campi Flegrei scheint einem Muster zu folgen, das wir bei der Prüfung unseres Modells auch bei anderen Vulkanen gesehen haben“.
Klar ist: Mit Warnungen muss man natürlich auch vorsichtig sein. Das Rumoren im Untergrund hat in der Region Campi Flegrei bereits schwere soziale Umwälzungen verursacht. Doch es steht viel auf dem Spiel: Eine erneute Eruption bedroht die etwa 360.000 Menschen in der Caldera und unter Umständen auch die Bevölkerung Neapels von fast einer Million. „Die meisten Schäden in früheren Krisen wurden durch die Erschütterungen von Gebäuden verursacht. Aus unseren Ergebnissen geht hervor, dass wir bei einer weiteren Anhebung auf eine größere Intensität an lokaler Seismizität gefasst sein müssen und dass wir auf den Notfall besser vorbereitet sein sollten“, sagt der Co-Autor Giuseppe De Natale vom italienischen Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie.