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„Da rauscht es in der Aorta!“

Interview mit einem Roten Blutkörperchen

„Da rauscht es in der Aorta!“
Hallo! Können Sie mal kurz anhalten? Sie sind ja hier in einem Irrsinnstempo unterwegs! Ja, wir lieben die Geschwindigkeit! Wir legen am Tag 15 Kilometer zurück – und das bei einer Größe von ein paar Tausendstel Millimeter. Auf Ihre Verhältnisse übertragen hieße das, dass Sie jeden Tag fünfmal zum Mond fliegen würden und zurück. Ohne Rakete! Rasant. Ja, jedenfalls in den großen Arterien. In den kleinen Kapillaren sind andere Qualitäten gefragt, da muss man sich

Rasant.

Ja, jedenfalls in den großen Arterien. In den kleinen Kapillaren sind andere Qualitäten gefragt, da muss man sich flexibel durchquetschen.

Warum sausen Sie die ganze Zeit so herum?

Wir transportieren den Sauerstoff. Von der Lunge in die Zellen. Ohne uns läuft im Organismus gar nichts: schon gar keine Hochleistung. „Alle Muskeln stehen still, wenn unser starker Arm es will!“

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Bei den Olympischen Spielen werden Sie wieder im Blickpunkt stehen. Speziell die Ausdauersportarten sind verdächtig. Stichwort Blutdoping: Erythrozytenanreicherung, Eigenbluttransfusion.

Hässliche Wörter! Für uns ist das einfach Optimierung. Wir sind ja selbst absolute Spezialisten. Die Evolution hat uns in Jahrmillionen für unsere Aufgabe hochgezüchtet. Wir haben keine Zellorganellen mehr, keine Mitochondrien, keine Ribosomen, nicht mal mehr einen Zellkern. Alles wegrationalisiert.

Wie fühlt es sich an, in einem gedopten Sportler zu arbeiten?

Super! Wenn so ein Modellathlet richtig Gas gibt – maximale Sauerstoffaufnahme 85 Milliliter pro Minute und Kilogramm Körpergewicht, Puls 180 – da rauscht es aber in der Aorta! So wie 1998 bei Marco Pantani auf der Tour de France…

…als er auf dem Weg nach Alpe d’Huez Jan Ullrich abhängte?

Genau. Vollgepumpt mit synthetischem EPO, Erythropoietin. Das ist das körpereigene Hormon, das im Knochenmark unsere Neubildung anregt. EPO war damals noch nicht nachweisbar, und Pantani gewann die Tour.

Inzwischen ist er tot.

Das kann passieren.

Sie haben wohl gar kein Mitleid!

Wieso sollten wir? Wer Vollgas gibt, stirbt halt früher. Wir leben auch nur vier Monate, aber haben eine Menge Spaß in der Zeit! Außerdem hat das Dopingtheater doch einen enormen Unterhaltungswert.

Wie bitte?

Na, all die konspirativen Treffen, die Tarnnamen auf den Blutbeuteln, die heimlichen Flüge nach Madrid zum Doktor Fuentes oder nach Wien zur Blutbank . das ist doch großes Schauspiel! Oder wenn die Freiburger Sportärzte mit öffentlichen Geldern nicht nur die Risiken des Dopings erforschen, sondern gleich auch bessere Verschleierungsmethoden – das kann sich doch kein Mensch ausdenken. Und wie erstaunt die Sportler immer sind, wenn die Polizei bei ihnen Spritzen und Blutbeutel findet! Wir lachen uns dann immer schlapp hier in der Arterie.

Das Internationale Olympische Komitee will das Doping ja bekämpfen.

Haha! Nein, Doping wird es immer geben. Jetzt kommt wieder was Neues: Gendoping, die Forschung an den Genen und Enzymen, die unsere Neubildung steuern. Vielversprechend sind zum Beispiel die HIF-Stabilisatoren. Die verhindern, dass das Enzym HIF-PH abgebaut wird, und halten dadurch die EPO-Produktion hoch, und das EPO sorgt dafür, dass ganz viele von uns neu entstehen. Ist doch toll! Aber jetzt muss ich weiter, mich juckt’s schon im Hämoglobin. Schönen Tag noch!

GESPRÄCH: MARTIN RASPER

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