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„Das Eisbrechen macht immer noch Spaß“

Interview mit einem Forschungsschiff.

„Das Eisbrechen macht immer noch Spaß“
Die „Polarstern“ über finnische Weihnachtslieder, salinare Tiefenwässer und die Seelenverwandtschaft mit Angela Merkel. Moin, Moin, Polarstern! Wo sind Sie gerade? 55 Grad Süd, 12 Grad West und ’n paar Zerquetschte. Wir haben das Packeis verlassen und tuckern zurück nach Kapstadt – und dann heim nach Bremerhaven. Sie sind seit November auf Ihrer insgesamt 24. Antarktisexpedition gewesen. Alles okay? Jou, alles glattgelaufen, die Wissenschaftler haben fleißig Daten gesammelt. Nebenbei haben wir auch Material für die neue

55 Grad Süd, 12 Grad West und ’n paar Zerquetschte. Wir haben das Packeis verlassen und tuckern zurück nach Kapstadt – und dann heim nach Bremerhaven.

Sie sind seit November auf Ihrer insgesamt 24. Antarktisexpedition gewesen. Alles okay?

Jou, alles glattgelaufen, die Wissenschaftler haben fleißig Daten gesammelt. Nebenbei haben wir auch Material für die neue Forschungsstation „Neumayer III“ hingebracht, die gerade gebaut wird. Und auch die Weihnachtsfeier war wieder sehr rührend.

Weihnachtsfeier?

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Wir haben ja immer Wissenschaftler aus aller Welt an Bord, nöch? Und wenn dann an Heiligabend ein finnischer Atmosphärenchemiker in dröhnendem Bass mit einer spanischen Meeresbiologin zweisprachig „Stille Nacht, Heilige Nacht“ singt und dazu ein kalifornischer Glaziologe mit einem schleswig-holsteinischen Eisbohrspezialisten auf dem Schifferklavier spielt – hach!, da kommen mir immer noch die Tränen.

Werden Sie auf Ihre alten Tage etwa noch rührselig?

Nu ja, ich leiste mir ’n paar Gefühle. Kann ich auch; meine Reputation steht ja außer Frage. Ich bin immer noch das leistungsfähigste Polarforschungsschiff der Welt. Bis zu 55 Wissenschaftler können auf mir arbeiten. Ich biete ihnen optimale technische Möglichkeiten zur Probennahme, zwei Helikopter, zwei Chemielabore, ein großes Nasslabor, spezielle Laborcontainer – und Handwerker, die unglaublich geschickt improvisieren können. Und was sich im Labor nicht klären lässt, wird abends im „Zillertal“ besprochen.

Zillertal?

So heißt die Bordbar.

Aha. Jedenfalls haben Sie der Polarforschung der letzten Jahrzehnte wesentliche Impulse gegeben.

Ja, die Wissenschaftler bei mir an Bord haben eine Menge rausgekriegt: wie der Zirkumantarktisstrom funktioniert und wie im Weddell-Meer die komplexen Tiefenwasserströme entstehen. Wie man aus Eisbohrkernen das Klima rekonstruiert. Wie die Ökosysteme unter dem Schelfeis funktionieren. Wie sich die Krill-Populationen im Jahreslauf entwickeln. Und so weiter.

Sie sind jetzt 25 Jahre alt, ein geradezu biblisches Alter für ein Polarforschungsschiff. Können Sie denn überhaupt noch richtig Eisbrechen?

Nu ja, ich spüre schon manchmal ein leichtes Ziehen in den Spanten – aber die alten Tricks habe ich immer noch drauf. Ich kann beispielweise Ballastwasser zwischen Backbord- und Steuerbord hin- und herpumpen und mich so rausschaukeln, wenn ich im Eis feststecke. Und der frontale Rammstoß klappt auch noch.

Frontaler Rammstoß?

Die hohe Kunst des Eisbrechens. Wenn das Eis zu dick ist, fahre ich ein Stück rückwärts zum Anlaufnehmen: Schiffsschrauben auf maximalen Anstellwinkel, Bug entlasten, alle Hilfsaggregate von den Antriebswellen nehmen – und dann mit der vollen Wucht meiner 22000 PS mit dem Bug aufs Eis drauf, bis ich von oben durchbreche. Das macht immer noch Spaß.

Und das in Ihrem Alter. Respekt!

Jou, wir älteren Damen sind eben zäh. Sie wissen ja vielleicht, was Frau Merkel während des Festakts zu meinem Geburtstag gesagt hat .

Sie hat Sie gelobt, weil Sie an Ihrem Geburtstag das tun, „was ein Schiff tun muss: arbeiten“.

Genau. Die Frau versteht mich. Gleiche Wellenlänge.

GESPRÄCH: MARTIN RASPER

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