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Der dynamische Kompass der Dungkäfer

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Der dynamische Kompass der Dungkäfer
Dungkäfer
Ein Dungkäfer (Scarabaeus lamarcki) navigiert mit seinem Dungball durch die südafrikanische Savanne. (Bild: Chris Collingridge)

Dungkäfer rollen Kugeln aus Elefantenmist verblüffend geradlinig vom Kothaufen zu ihrer Bruthöhle. Als Orientierungshilfe dient ihnen dabei vor allem die Sonne – so dachte man bisher. Nun jedoch haben Biologen entdeckt, dass der Käfer einen überraschend flexiblen Kompass besitzt. Dieser nutzt je nach Tageszeit und Wetterlage mal die Sonne, mal den Wind oder die Sterne als Richtungsweiser.

Der südafrikanische Dungkäfer Scarabaeus lamarcki ist für seine ungewöhnliche Brutfürsorge bekannt: Er formt Elefantendung zu Kugeln und rollt diese dann rückwärtslaufend vor sich her bis in seine unterirdischen Brutgänge. Dort deponiert er die Mistkugeln, legt darauf seine Eier ab und sorgt so dafür, dass die Larven später Nahrung haben. Die kritische Phase dieser Brutfürsorge ist der Weg zurück zur Brutkammer: „Südafrikanische Dungkäfer müssen ihre Dungkugel möglichst zügig von dem Dunghaufen wegrollen, um so zu verhindern, dass die Kugel von anderen Käfern gestohlen wird“, erklärt Seniorautor Basil el Junid von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

In gerader Linie zum Nest

Das Besondere dabei: Die Käfer rollen ihre Dungkugel immer fast schnurgerade vom Kothaufen zur Bruthöhle – egal ob Tag oder Nacht, Sonne oder Regen. Frühere Studien zeigten bereits, dass die Dungkäfer sich dabei vor allem am Sonnenstand orientieren, aber auch am polarisierten Licht und nachts sogar an dem Sternenband der Milchstraße. Unklar war bisher allerdings, wie die Käfer ihren Weg finden, wenn die Sonne keine brauchbaren Informationen liefert, etwa wenn sie mittags im Himmelszenit steht.

Um herauszufinden, wonach sich die Käfer in einer solchen Situation orientieren, haben el Jundi und sein Team einige Dungkäfer in einer speziellen Versuchsarena auf die Probe gestellt. In dieser Arena konnten die Forscher den Sonnenstand, die Windrichtung und andere Umweltfaktoren gezielt verändern und einstellen. Dadurch ließ sich beobachten, wie die Dungkäfer auf diese Reize reagieren und ob sich ihre Route beim Dungkugelrollen dadurch verändert. Die Experimente zeigten: Solange die Sonne niedrig bis mittelhoch am Himmel steht, orientieren sich die Käfer nahezu ausschließlich an ihr: Wird die Sonnenposition um 180 gedreht, wechseln auch die Dungkäfer ihre Richtung. Woher der Wind weht, beeinflusst sie dagegen nicht.

Zwischen Sonnen- und Windkompass umgeschaltet

Anders aber ist es, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, wie zur Mittagszeit der Fall. Als die Forscher dann die Windrichtung in der Arena änderten, reagierten die Dungkäfer prompt: Sie veränderten ihre Marschrichtung so, dass der Wind wieder im gleichen Winkel über sie wehte. „Das zeigt, dass die kugelrollenden Dungkäfer auch den Wind als Navigationshilfe nutzen“, sagen die Wissenschaftler. Als Detektoren für die Windrichtung dienen den Käfern Sensoren an ihren langen Antennen. Weil der Wind in der afrikanischen Savanne typischerweise relativ stark und konstant weht, sei dieser Reiz auf dem meist nur wenige Minuten langen Rollweg der Käfer durchaus ein geeigneter Richtungsanzeiger, erklären el Jundi und seine Kollegen.

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Das Besondere jedoch: Die Dungkäfer können offenbar flexibel zwischen den verschiedenen Richtungsreizen – ob Wind oder Sonne – wechseln und die Windrichtungsinformation relativ zur Sonnenposition setzen, wie die Experimente ergaben. Möglich wird dies, weil sowohl der Wind- als auch der Sonnenkompass im Käfergehirn auf das gleiche räumliche Gedächtnis zugreifen und miteinander kommunizieren. „Die Käfer besitzen damit ein Sicherungssystem von Kompassreizen, zwischen denen sie flexibel umschalten können – je nachdem, welcher in der aktuellen Situation die verlässlichsten Navigations-Informationen liefert“, erklärt Co-Autor Marcus Byrne von der University of Witwatersrand in Südafrika.

Damit verfügen die Dungkäfer über einen weitaus dynamischeren Kompass, als es die Wissenschaft bisher für möglich gehalten hat. „Dies ist die erste Studie, die zeigt, wie der biologische Kompass eines Tieres verschiedene Richtungssensoren integrieren kann“, sagt Erstautorin Marie Dacke von der Universität Lund in Schweden. Der natürliche Kompass der Dungkäfer ist damit dem des Menschen deutlich voraus – und das, obwohl das Gehirn der Käfer kleiner ist als ein Reiskorn.


(Video: University of Witwatersrand)

Quelle: Universität Würzburg; Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1904308116

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