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Der letzte Homo erectus

Erde|Umwelt

Der letzte Homo erectus
Ausgrabungen in Ngandong
Ausgrabungen an der Homo-erectus-Fundstelle Ngandong auf Java. (Bild: Russell L. Ciochon Univ. of Iowa)

Der Homo erectus war wahrscheinlich der erste Frühmensch, der Afrika verließ und bis nach Südostasien vordrang: Von der Insel Java sind bis zu 1,5 Millionen Jahre alte Überreste dieser Menschenart bekannt. Doch wann die letzten Vertreter des Homo erectus dort lebten, war bislang strittig. Jetzt haben Forscher den Fundort der jüngsten Fossilien dieser Menschenart einer umfangreichen Neuuntersuchung unterzogen und dadurch präzisere Werte für das Alter der Homo-erectus-Fossilien erhalten. Demnach lebte der Frühmensch noch vor rund 108.000 bis 117.000 Jahren im Flusstal von Ngandong auf Java. Das bestätigt, dass es sich wahrscheinlich um das weltweit letzte Refugium dieser Menschenart vor ihrem endgültigen Aussterben handelte.

Das erste Fossil eines Homo erectus wurde nicht in Afrika entdeckt, sondern in Asien: Bereits 1891 stieß der Anatom Eugene Dubois auf der Insel Java auf Schädelteile und später auf einen Oberschenkelknochen, die er als Überreste eines ausgestorbenen Menschenaffen interpretierte. Später jedoch wurde klar, dass es sich bei diesen rund eine Million Jahre alten Funden um die Überreste einer ausgestorbenen Menschenart handeln musste – den Homo erectus. Inzwischen belegen weitere Fossilfunde, dass dieser schon vor 1,5 Millionen Jahren auf Java vorkam und dort mehrere hunderttausend Jahre lang lebte. Der bislang jüngste Fundort von Homo-erectus-Fossilien ist das Flusstal Ngandong in Zentraljava. Dort wurden schon zwischen 1931 und 1934 zwölf Schädel und zwei Unterschenkelknochen des Homo erectus gefunden. Es handelt sich um die größte Ansammlung von Homo-erectus-Fossilien weltweit.

Spurensuche an der alten Fundstelle

Doch weil die Homo-erectus-Fossilien von Ngandong damals aus ihrer Fundschicht entfernt worden waren, ließen sie sich nur mit großer Ungenauigkeit datieren. Die Spanne der Datierungen reicht von 40.000 bis zu 546.000 Jahren, wie Yan Rizal vom Institut für Technologie im indonesischen Bandung und seine Kollegen berichten. Wie lange die möglicherweise letzten Vertreter des Homo erectus an diesem Ort lebten, blieb daher unklar – bis jetzt. Denn das internationale Team um Rizal und Seniorautor Russell Ciochon von der University of Iowa hat seit 2008 weitere Untersuchungen an der Fundstelle durchgeführt. Dabei gelang es den Wissenschaftlern, die ursprüngliche Fundschicht der Fossilien zu identifizieren und in ihr zahlreiche Tierfossilien zu finden.

Ausgehend von diesem Durchbruch setzten die Forscher mehrere unterschiedliche Methoden ein, um das Alter dieser Schicht und damit auch der in ihr gefundenen Homo-erectus-Fossilien zu bestimmen. Zum einen datierten sie dafür die Tierfossilien mithilfe der Uran-Blei-Datierung, zum anderen aber führten sie mehrere isotopische Altersbestimmungen der umgebenden Landschaft durch. Darüber konnten sie ermitteln, wann der Fluss erstmals durch das Tal floss und wann sich die Uferbereiche und damit auch die Fundschicht bildeten. Wie die Forscher betonen, war diese neue, genauere Datierung nur deshalb möglich, weil sie auch die Landschaft und ihre geologischen Veränderungen mit in ihre Analysen miteinbezogen. “Dadurch haben wir diese unglaubliche Bandbreite an Daten, die alle miteinander übereinstimmen”, sagt Ciochon.

Homo erectus lebte noch bis vor rund 110.000 Jahren

Die Kombination dieser Analysen lieferte Rizal und seinen Kollegen erstmals ein enger umgrenztes Alter für die Fundschicht und damit auch für die Homo-erectus-Fossilien. Demnach sind die Knochen zwischen 117.000 und 108.000 Jahre alt. “Dies bestätigt, dass Ngandong der letzte bekannte Fundort des Homo erectus weltweit ist”, sagt Ciochon. “Wir können zwar nicht sagen, dass wir damit seinen Aussterbezeitpunkt datiert haben, aber sein letztes Vorkommen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Homo erectus irgendwo anders länger lebte als hier.” Gleichzeitig klärt die neue Datierung auch die Zeitabfolge der verschiedenen Menschenarten in Südostasien. “Unser Zeitrahmen für die Ngandong-Fundschicht spricht nicht für eine Überlappung zwischen dem modernen Menschen und dem Homo erectus in dieser Region”, betonen die Forscher.

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Die nähere Untersuchung des Ngandong-Flusstales hat zudem neue Informationen über die Landschaft zur Zeit des Homo erectus geliefert – und möglicherweise sogar erste Hinweise darauf, warum er schließlich ausstarb. Denn wie die Wissenschaftler berichten, war das Tal bei Ankunft des Homo erectus vorwiegend von Grasland geprägt – einer Umwelt, an die dieser Frühmensch schon in Afrika gut angepasst war. Doch vor rund 130.000 Jahren änderte sich dies: “Es gab einen Wandel im Klima”, erläutert Ciochon. “Wir wissen, dass sich die Umwelt damals von offenem Grasland zu einem tropischen Regenwald wandelte.” Die Forscher vermuten, dass sich der Homo erectus nicht an diesen Wandel von Flora und Fauna anpassen konnte und daher ausstarb.

Quelle: Yan Rizal (Institute of Technology Bandung) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1863-2

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