Die Informatiker plädieren daher eher für eine Art Index, der Auskunft über das Ausmaß der Veränderungen gibt. Ein solches Mess-System sollte ihrer Ansicht nach vor allem den Einfluss einer Veränderung auf die Wahrnehmung durch einen Betrachter wiedergeben und nicht die technische Quantität, also etwa die Anzahl der veränderten Pixel. Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrierten sie sich beim Entwickeln ihres Programms auf zwei Themenkomplexe: die Geometrie von Körper und Gesicht sowie die Lichtverhältnisse. Veränderungen der ersten Kategorie umfassen typischerweise längere und schlankere Arme und Beine, eine schmalere Hüfte, einen verlängerten Hals, vergrößerte Augen oder ein symmetrischeres Gesicht. In die zweite Kategorie fallen Anpassungen des Hauttons ? inklusive der Retusche von dunklen Augenringen ? und der Hautstruktur, etwa durch Weichzeichner, um Cellulitis-Dellen verschwinden zu lassen.
Eine „5“ für verzerrte Körperproportionen
Eigentlich mache der Algorithmus nichts anderes, als das Vorgehen beim Retuschieren in umgekehrter Reihenfolge nachzuvollziehen, erläutern die beiden Wissenschaftler. Insgesamt werteten sie dazu mehr als 450 Paare von Vorher-Nachher-Bildern aus. Zusätzlich ließen sie 390 Testpersonen die Bilderpaare bewerten, indem sie auf einer Skala von 1 bis 5 angaben, wie sehr sich ihrer Ansicht nach Original und bearbeitete Variante voneinander unterschieden. Das Ergebnis dieser Befragung floss dann zusätzlich in die Optimierung des Programms ein. Am Ende habe man in den meisten Fällen eine sehr gute Übereinstimmung zwischen der menschlichen Bewertung und der durch den Computer erhalten, schreiben Kee und Farid.
Es gibt allerdings noch weiteren Optimierungsbedarf. In manchen Fällen reichen nämlich bereits sehr kleine Eingriffe ? beispielsweise das digitale Hinzufügen von Schminke oder der Ausgleich einer Zahnlücke ? aus, um den Gesamteindruck sehr stark zu verändern. Umgekehrt haben manchmal auch großflächige Bearbeitungen, wie etwa das Glätten einer vernarbten Gesichtshaut, kaum einen Effekt auf den Betrachter. In solchen Fällen klaffen die automatischen und die menschlichen Bewertungen zum Teil noch weit auseinander, müssen die Forscher einräumen. Dennoch plädieren sie dafür, künftig jedem Werbefoto eine automatisch erzeugte Nummer zuzuteilen. Ob allerdings eine vernichtende „5“ in der unteren Bildecke tatsächlich dabei hilft, die unrealistischen Vorstellungen von einem perfekten Körper zu bekämpfen, müsse sich erst zeigen.