Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Diät: Dem Jojo-Effekt auf der Spur

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Diät: Dem Jojo-Effekt auf der Spur
16-11-25-jojo.jpg
Erst nimmt man ab, dann rasant wieder zu - der typische Jojo-Effekt nach einer Diät (Foto: Vladimir Floyd/iStock)
Abnehmen ist schon schwer genug, danach dauerhaft schlank zu bleiben, erst recht. Stattdessen folgt nach der Diät oft der gefürchtete Jojo-Effekt: Man nimmt noch schneller und stärker wieder zu. Den Grund dafür könnten Forscher jetzt gefunden haben – im Darm. Denn wie sie bei Versuchen mit Mäusen herausfanden, verändert Übergewicht die Darmflora so nachhaltig, dass diese Veränderungen auch nach einer Diät größtenteils bestehen bleiben. Das wiederum fördert eine erneute Gewichtszunahme.

Übergewicht ist längst zum Massenproblem geworden – vor allem in den Industrieländern: Weltweit gelten heute 44 Prozent der Erwachsenen als übergewichtig, mehr als 300 Millionen Menschen leiden unter Fettleibigkeit. Bei vielen Betroffenen entwickeln sich im Laufe der Zeit gesundheitliche Folgen, darunter Herzkreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Das Problem: „Obwohl eine Vielzahl von Diätansätzen zur effektiven Gewichtsreduktion führen, schaffen es 80 Prozent der Erschlankten dann nicht, ihr Gewicht zu halten“, erklären Christoph Thaiss vom Weizman Institute of Science in Rehovot und seine Kollegen. Besonders häufig kommt es dann zum gefürchteten Jojo-Effekt: Kaum isst der Betroffene wieder ein wenig mehr, nimmt er schnell wieder zu und bringt am Ende sogar mehr Pfunde auf die Waage als vor der Diät. Obwohl dieser Jojo-Effekt schon lange bekannt ist, sind seine Ursachen noch immer weitgehend ungeklärt. Beobachtungen sprechen aber dafür, dass mehr dahinter steckt als fehlende Essdisziplin und Willenskraft bei den Betroffenen. Thaiss und seine Kollegen haben deshalb dieses Phänomen nun bei Mäusen genauer untersucht.

Für ihre Studie setzten die Forscher eine Gruppe Mäuse zunächst dem typischen Ernährungs-Schleuderkurs aus, den auch viele Übergewichtige vollführen: Die Tiere wurden jeweils einige Wochen lang erst mit fettreicher Nahrung gemästet und nahmen zu, dann folgte eine Diät mit kalorienreduzierte Kost – die Mäuse nahmen wieder ab. Diese Zyklen wiederholten sich mehrfach. Wie erwartet zeigte sich bei den Tieren schnell der bekannte Jojo-Effekt: „Wie bei Menschen mit wiederholten Diäten nahmen auch die Mäuse nach einem Zyklus von Übergewicht, Diät und erneuter fettreicher Kost beschleunigt wieder zu – selbst wenn sie nach der Diät das Normalgewicht wieder erreicht hatten“, berichten die Wissenschaftler. Ihre Vermutung: Offenbar hatte das anfängliche Übergewicht im Körper der Tiere Veränderungen hinterlassen, die die Reaktion auf energiereiche Nahrung dauerhaft beeinflussen. Doch weder bei der Energieverbrennung, der Insulinproduktion oder den Cholesterinwerten, noch beim Sauerstoffverbrauch oder dem Bewegungsverhalten ließen sich Unterschiede zwischen den erschlankten Mäusen und schon immer schlanken Kontrolltieren feststellen.

Nachhaltig veränderte Darmflora

Als die Wissenschaftler jedoch die Darmflora der Mäuse untersuchten, wurden sie fündig. „Das Mikrobiom im Verdauungstrakt war nach der Diät nicht in den ursprünglichen Zustand zurückgekehrt“, berichten sie. Schon länger weiß man, dass Übergewicht zu einer Verschiebung der Bakterienzusammensetzung im Darm führt. Diese sogenannte Dysbiose gilt als ein Mitauslöser des metabolischen Syndroms und damit der Begleiterkrankungen des Übergewichts. Die neuen Analysen ergaben, dass diese Dysbiose offenbar selbst dann nicht vollständig zurückgeht, wenn man nach einer Diät wieder Normalgewicht erreicht hat. „Stattdessen befand sich die Darmflora der Mäuse in einem Zwischenzustand zwischen Dysbiose und Normalfall“, berichten Thaiss und seine Kollegen. Zudem war die Aktivität von mehr als 750 bakteriellen Genen durch die fettreiche Kost verändert und kehrte auch nach der Diät nicht wieder auf Normalniveau zurück. Wie die Forscher feststellten, dauerte es 21 Wochen, bis sich die Darmflora nach einer vierwöchigen Zeit des Übergewichts wieder normalisiert hatte.

„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Darmflora zur beschleunigten Gewichtszunahme nach einer Diät beiträgt“, konstatieren die Forscher. „Denn die charakteristische Mikrobiom-Signatur des Übergewichts bleibt auch nach einer Diät weitgehend erhalten.“ Aber sind die Bakterien im Darm wirklich ursächlich am Jojo-Effekt beteiligt? Um das herauszufinden, führten die Wissenschaftler weitere Experimente durch. In einem Versuch transplantierten sie die Darmflora von ehemals dicken Mäusen in den zuvor keimfrei gemachten Verdauungstrakt von schlanken Kontrollmäusen. Das Ergebnis: Bekamen diese nun eine etwas fettreichere Kost, litten sie ebenfalls unter dem typischen Jojo-Effekt – obwohl sie weder Übergewicht noch eine Diät hinter sich hatten. In einem weiteren Versuch töteten die Forscher die gesamte Darmflora bei frisch erschlankten ehemaligen „Moppeln“ ab und fütterten sie dann reichhaltig. Das Ergebnis: Statt beschleunigt zuzunehmen, wie sonst für Nach-Diät-Mäuse typisch, blieben sie ähnlich schlank wie die Kontrollmäuse.

Anzeige

Noch ist dies Grundlagenforschung. Doch die neuen Erkenntnisse wecken Hoffnung auf neue Strategien gegen Übergewicht und Jojo-Effekt. So könnte man beispielsweise nach einer Diät versuchen, gezielt die Darmflora von ehemals Übergewichtigen zu normalisieren. Möglich wäre aber auch, an den Stoffwechselprodukten der Darmbakterien anzusetzen, wie erste Versuche von Thaiss und Kollegen nahelegen. Als sie ihren Diät-Mäusen spezielle Flavonoide verabreichten, stieg deren Grundumsatz wieder auf normale Werte an und der Jojo-Effekt schwächte sich ab. „Auf das Mikrobiom zielende Ansätze könnten daher helfen, eine Anfälligkeit für den Jojo-Effekt zu diagnostizieren und zu behandeln“, sagen die Forscher.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Fa|den|kraut  〈n. 12u; unz.; Bot.〉 mit wolligen Fäden bedeckte, einjährige Pflanze: Filago germanica; Sy Filzkraut … mehr

Wühl|maus  〈f. 7u; Zool.〉 Nagetier aus der Familie der Mäuse mit walzenförmigem Körper, kurzen Ohren u. kurzem Schwanz, das unterird. Gänge anlegt u. dadurch oft schädlich wird, häufig auch Vorratsschädling: Microtinae

Ino|sin  〈n. 11; Biochem.〉 im Fleisch u. in der Hefe enthaltene Nucleinsäure [→ Inosit … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige