Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Die Kinder des Sechstagekriegs

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Die Kinder des Sechstagekriegs
Extremer Stress während einer Schwangerschaft geht mit einem erhöhten Risiko dafür einher, dass die Kinder später im Leben an Schizophrenie erkranken. Diesen bisher lediglich vermuteten Zusammenhang haben Mediziner um Dolores Malaspina von der New York University mit Hilfe einer Extremsituation bestätigt: Die Kinder von israelischen Frauen, die im Juni 1967 während des Sechstagekriegs im Nahen Osten schwanger waren, erkrankten in ihrem späteren Leben häufiger an Schizophrenie oder anderen psychischen Erkrankungen als Kinder aus stressarmen Zeiten. Weibliche Nachkommen waren stärker betroffen als Männer. Zudem scheint der Fötus insbesondere im zweiten Schwangerschaftsmonat empfindlich gegen Stress zu sein, den die Mutter erleidet.

Die Forscher verknüpften die Geburtsdaten von knapp 88.800 Israeli aus den Jahren 1964 bis 1976 mit einer Datenbank, die psychiatrische Erkrankungen erfasst. Dabei fiel ihnen auf, dass Schizophrenie und andere psychische Störungen gehäuft insbesondere bei solchen Menschen vorkamen, die als Fötus zum Zeitpunkt des Sechstagekriegs zwischen Israel und den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien gerade einmal zwei oder drei Monate in der Gebärmutter ihrer Mütter herangewachsen waren. Die weiblichen Nachkommen hatten dann ein rund vierfach höheres Schizophrenierisiko für ihr späteres Leben als Menschen, die in stressfreien Zeiten empfangen und geboren wurden. Bei Männern war der Effekt weniger ausgeprägt: Bei ihnen war das Risiko nur um den Faktor 1,2 erhöht.

In absoluten Zahlen wurden aus der betrachteten Stichprobe 486 Kinder im Januar 1968 ? sieben Monate nach dem Sechstagekrieg ? geboren, zehn davon entwickelten in den nächsten drei Jahrzehnten eine Schizophrenie. In den Monaten davor und danach wurden zwar eine ähnliche Anzahl an Kindern geboren, die Fallzahlen für Schizophrenie lagen aber bei eins bis vier.

Das Beispiel des Sechstagekrieges habe es nun erstmals erlaubt, den akuten, durch Angst ausgelösten Stress getrennt von chronischen, längerandauernden Belastungen etwa durch schwierige Umweltbedingungen untersuchen zu können, schreiben die Forscher. Mit ihren Ergebnissen bestätigen sie frühere Vermutungen, die äußere Stressfaktoren wie Todesfälle im Familien- und Freundeskreis, Hunger und Naturkatastrophen während der Schwangerschaft mit späterer Schizophrenie in Verbindung gebracht hatten. Versuche an Mäusen zeigten zudem bereits, dass die beiden Geschlechter unterschiedlich darauf reagieren.

Verantwortlich für den Effekt seien wahrscheinlich die hohen Stresshormonlevel und deren Einfluss auf die Bildung der Nervenzellen im kindlichen Gehirn, vermuten sie. Dass es nun gelungen sei, das Zeitfenster genauer einzugrenzen, in dem das Gehirn gefährdet ist, könnte sich bei der Suche nach der Ursache für Schizophrenie als hilfreich erweisen ? bislang ist nämlich noch völlig unklar, wie die Krankheit entsteht.

Anzeige
Dolores Malaspina (New York University) et al.: BMC Psychiatry, August 2008 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Gno|mi|ker  〈m. 3; Lit.〉 Verfasser von Gnomen

Kes|sel|wa|gen  〈m. 4〉 Güterwagen der Eisenbahn zum Transport von Flüssigkeiten in Kesseln; Sy Tankwagen ( … mehr

Pfort|ader  〈f. 21; Anat.〉 bei den Wirbeltieren u. beim Menschen Blutader, die von Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse, Milz zur Leber führt: Vena portae

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige