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Duftend in den frühen Tod

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Duftend in den frühen Tod

„DER DUFT DER ROSE nimmt dich in einen süßen Bann“, schwärmte Hermann Hesse in bester Dichtertradition. Wer sich hingegen heute Rosen ins Haus holt, merkt: Bei der Zucht immer schönerer und immer länger haltbarer Blüten ist den modernen Sorten der Duft abhandengekommen. Lange Haltbarkeit und starker Rosenduft schließen einander aus. „Natürlich möchte der Kunde sehr gerne duftende Rosen in der Vase haben“, weiß Matthias Bleker, Leiter der Züchtungsabteilung des führenden Betriebs Kordes Rosen mit Sitz in Pinneberg. „Wenn die teuer bezahlte Schönheit allerdings nach drei Tagen reif für den Kompost ist, dann ist er mit Sicherheit nicht zufrieden.“ Ein klassisches Dilemma.

Muss die Blume so viel Kraft in die Duftstoffe investieren, dass sie anschließend erschöpft dahinwelkt? Die Theorie ist verbreitet, aber nicht bewiesen. Thomas Debener, Professor für Molekulare Pflanzenzüchtung an der Universität Hannover, sieht das anders: „Wahrscheinlich ist der Duft selbst eine Begleiterscheinung des Verblühens.“ Wer den Duft züchterisch verstärkt, treibt die Rosenblüte also direkt in den Tod.

Einige Biologen versuchen, das Problem an der Wurzel zu packen – mithilfe von Gentechnik (bild der wissenschaft 2/2005, „Dufte Rosen gesucht“). Die Idee: Gene, die den Duft der Blüte bewirken, sollen gezielt in haltbare Rosensorten eingeschleust werden. „ Eine transgene duftende Rose ist nicht ausgeschlossen“, räumt auch Thomas Debener ein. „Zwar handelt es sich beim Duft um ein kompliziertes Merkmal, aber die chemischen Hauptkomponenten sind identifiziert.“

Eine Petunie mit zehnfach verstärktem Duft ist israelischen Forschern der Hebrew University of Jerusalem bereits gelungen. Sie erhielt ein zusätzliches Gen aus der Ackerschmalwand, die selbst nicht stark riecht – in dieser Pflanze ist das Gen nicht für den Geruch, sondern für die Produktion von Blütenfarbstoffen zuständig. Erst in der Petunie bewirkt es einen intensiven Duft. Und tatsächlich sind die duftenden Petunien genauso lange haltbar wie die herkömmlichen. Die Universität hat sich die Erfindung eiligst patentieren lassen.

Der Molekularbiologe Alexander Vainstein, unter dessen Leitung die duftende Petunie entstanden ist, sieht große Vorteile der transgenen Methode und denkt bereits einen Schritt weiter: Gezieltes Stilllegen von Genen könnte dem Duft von Schnittblumen guttun. Zum Beispiel führt das Ausschalten eines bestimmten Gens in Nelken dazu, dass deutlich mehr Duftstoffe gebildet werden. All das klingt vielversprechend. Trotzdem kann man noch keine Rosen kaufen, denen mit Gentechnik neuer Duft eingehaucht wurde. Wo ist der Haken?

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Das Interesse der Menschen an duftenden Rosen ist nach wie vor groß. „Eine duftende Sorte, die 14 Tage oder länger haltbar ist, wäre eine Revolution“, bestätigt Matthias Bleker von Kordes Rosen. Doch in puncto Gentechnik erhält man bei allen Unternehmen die einhellige Antwort: Hierfür fehlt die Akzeptanz in der Bevölkerung, die Prozedur ist zu teuer, die Genehmigungsverfahren sind zu aufwendig. „Gentechnisch erzeugte duftende Rosen wird es in Deutschland nicht geben. Der Verbraucher möchte sie nicht“, ist auch Burkhard Spellerberg vom Bundessortenamt überzeugt, der die Prüfung aller neuen Rosensorten in Deutschland koordiniert.

Also setzt man weiter auf traditionelle Züchtung. Bisher mit mäßigem Erfolg – und Adri van Doesum, Leiter der Forschungsabteilung der Firma Interplant Roses, macht Blumenfreunden keine Hoffnung: „Solange das Problem der kurzen Vasenhaltbarkeit besteht, werden duftende Rosen ein Nischenprodukt bleiben.“ Hermann Hesse hätte wissend genickt: Die betörende Rose hatte schon immer ein besonderes Verhältnis zur Vergänglichkeit. Maria Bongartz ■

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