Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Durch Aquaplaning ins Insektengrab

Erde|Umwelt

Durch Aquaplaning ins Insektengrab
Bei tropischen Kannenpflanzen dienen die Blätter dazu, Insekten zu fangen und dann zu verdauen. Wie genau werden die exotischen Gewächse ihrer Beute habhaft? Dafür hatte die Wissenschaft bislang mehrere Erklärungen zu bieten. Forscher vom Biozentrum der Uni Würzburg haben jetzt herausgefunden, welche Fangvorrichtungen für den Jagderfolg der Pflanze am wichtigsten sind. Sie stellen ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift “PNAS” vor (Bd. 101, S. 14138).

Die Fallen des Tropengewächses bestehen aus Blättern, die zu länglichen Kannen umgeformt sind und an deren Rand süßer Nektar produziert wird. Das lockt die Insekten an, die auf dem Kannenrand umherlaufen und schließlich in den Behälter fallen. Am Grund der Kanne wird die erschöpfte Beute von Enzymen zersetzt. Auf diese Weise entsteht eine Art Zusatzfutter für die Pflanze, die an nährstoffarmen Stellen wächst.

Bislang war jedoch unklar, warum die Beute überhaupt in die Kanne hineinfällt. Neben der Betäubung mit Alkaloiden vermuteten Wissenschaftler die Ursache dafür in der rutschigen Wachsschicht an den Wänden. Die Würzburger Biologen Holger Bohn und Walter Federle sind jedoch davon überzeugt, nun den wichtigsten, bisher völlig übersehenen Fangmechanismus entdeckt zu haben: Demzufolge schnappt die Kannenpflanze ihre Opfer mit speziellen Oberflächenstrukturen, die so beschaffen sind, dass sie die Haftmechanismen der Beutetiere unwirksam macht.

Der Kannenrand weist eine regelmäßige Mikrostruktur aus radial verlaufenden Rillen auf. Diese sind wiederum treppenartig aufgebaut, die Stufen fallen zum Inneren der Kanne hin ab. Im Gegensatz zu fast allen anderen Pflanzenoberflächen ist diese Oberfläche komplett benetzbar und darum oft mit einem dünnen Flüssigkeitsfilm überzogen ? für Insekten kommt das einer Rutschbahn gleich.

Wie ausgeklügelt das System tatsächlich ist, haben Bohn und Federle mit Weberameisen (Oecophylla smaragdina) gezeigt. Diese Tiere besitzen an den Füßen zwei unterschiedliche Vorrichtungen, mit denen sie sich auf fast allen Oberflächen festhalten können. Da sind zum einen mit Flüssigkeit gefüllte Haftkissen, eines pro Fuß. Sie sondern einen hauchdünnen Sekretfilm ab und ermöglichen es der Ameise, selbst auf perfekt glatten Oberflächen so gut Halt zu finden, dass sie dabei noch mehr als das Hundertfache ihres eigenen Körpergewichts als Zusatzlast tragen können. Hinzu kommen an jedem Fuß zwei Krallen, die der Anheftung an rauen Oberflächen dienen.

Anzeige

Die Kannenpflanze Nepenthes bicalcarata schafft es, beide Haftmechanismen gleichzeitig wirkungslos zu machen: Indem sie den Rand ihrer Falle mit Wasser benetzt hält, nimmt sie den Haftkissen jegliche Wirkung. Und die speziell strukturierte Oberfläche sorgt dafür, dass die Krallen der Ameisen nur in einer Richtung Halt finden. Die Tiere können zwar in die Kanne hineinlaufen, aber nicht mehr aus ihr entkommen.

Der Aquaplaning-Mechanismus bringt es mit sich, dass die Ameisen auf unbefeuchteten Kannenrändern ohne Probleme laufen können. Sobald der Rand aber von Wasser benetzt ist, kann die Kanne viele Ameisen “auf einen Streich” fangen.

idw
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

ma|le|risch  〈Adj.〉 1 die Malerei betreffend, zu ihr gehörig, auf ihr beruhend 2 die Farbigkeit betonend, aus der Farbe entwickelt … mehr

leeres|sen  auch:  leer es|sen  〈V. t. 129; hat〉 den Teller ~ alles aufessen, was auf dem T. liegt … mehr

pan|de|misch  〈Adj.; Med.〉 in der Art einer Pandemie

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige