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Durchbruch für den Schutz der internationalen Gewässer

Hochseeabkommen

Durchbruch für den Schutz der internationalen Gewässer
Ozean
Die Hochsee kann in Zukunft besser geschützt werden. © katatonia82/ iStock

Nach langen, zähen Verhandlungen haben sich die Vereinten Nationen am 4. März 2023 auf ein Hochseeabkommen geeinigt. Dieses schafft den rechtlichen Rahmen für den angestrebten Schutz von 30 Prozent der internationalen Gewässer und der Tiefsee bis 2030. Beschlossen wurde unter anderem, dass für neue Schutzgebiete künftig eine Dreiviertelmehrheit statt des Konsens reicht. Außerdem werden für alle Aktivitäten auf hoher See Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie Ausgleichszahlungen für die Nutzung mariner Ressourcen eingeführt.

Der größte Teil der Weltmeere sind internationale Gewässer. Diese Gebiete liegen jenseits der ausschließlichen Wirtschaftszonen der Länder, die bis 370 Kilometer vor der Küste reichen – und waren bisher ein weitgehend rechtsfreier, kaum geschützter Raum. Zwar gibt es Abkommen und Gremien für verschiedene Teile der Weltmeere wie den Antarktisvertrag oder für spezielle Nutzungen wie den Walfang oder den Tiefseebergbau. Doch Beschlüsse in diesen Gremien erforderten meist einen Konsens der Mitgliedstaaten, was einzelnen Ländern die Möglichkeit einer Blockade zugunsten eigener Interessen gab. Als Folge sind bisher nur rund ein Prozent der Hochsee als Schutzgebiet ausgewiesen.

Historische Einigung

Das aber wird sich ändern: Im Dezember 2022 wurde beim UN-Biodiversitätsgipfel beschlossen, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der Hohen See unter Schutz gestellt werden sollen. Ohne ein verbindliches Abkommen zum Schutz der Hohen See standen die Chancen auf eine Umsetzung jedoch schlecht. Jetzt ist endlich, nach 20 Jahren des Verhandelns und Aufschiebens gelungen: Bei der Konferenz zum Schutz der Hochsee in New York haben sich die Mitgliedstaaten der UN auf den vorläufigen Vertragstext für das Hochseeabkommen geeinigt. Der endgültige Text wird nun noch einmal formell überarbeitet und in die Amtssprachen übersetzt. Dann erfolgt die formelle Annahme durch die Mitgliedsstaaten. Inhaltliche Änderungen oder Nachverhandlungen soll es aber nicht mehr geben, wie die Konferenzleitung mitteilte.

Das neue Hochseeabkommen schafft damit nun den rechtlichen Rahmen für den Schutz der Hohen See und damit auch die Voraussetzung, um den Beschluss vom Dezember 2022 umzusetzen. „Dies ist ein historischer Tag für den Naturschutz und ein Zeichen, dass selbst in dieser gespaltenen Welt der Schutz der Natur und des Menschen über die Geopolitik triumphieren kann“, kommentiert Laura Meller von Greenpeace Nordic. “Wir begrüßen sehr, dass mit diesem Vertrag die Einrichtung von Schutzgebieten auf der Hohen See, dem größten Lebensraum der Erde, beginnen kann“, sagt auch Fabienne McLellan, Geschäftsführerin der Meeresschutzorganisation OceanCare.

Umweltverträglichkeitsprüfungen und Mehrheitsprinzip statt Konsens

Das neue Abkommen legt fest, dass es künftig ähnlich wie schon beim Klimaschutz oder der Biodiversität eine jährliche Vertragsstaatenkonferenz geben wird, in der konkrete Maßnahmen zum Schutz und der nachhaltigen Nutzung der Hohen See und der Tiefsee verhandelt und beschlossen werden. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich im neuen Abkommen zudem zu einer umfangreichen Berichterstattung, was die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Maßnahmen und der Einhaltung der Regeln erhöht. Als besonders wichtig gilt zudem der Beschluss, dass viele Entscheidungen, darunter die Ausweisung neuer Schutzgebiete, künftig nicht mehr im Konsensprinzip, sondern mit einer Dreiviertelmehrheit getroffen werden können. „Solche Beschlüsse können also nicht mehr durch ein oder zwei Staaten blockiert werden, was seit vielen Jahren den Fortschritt in der Ausweisung von antarktischen Meeresschutzgebieten verhindert hat“, erklärt Stefan Hain vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.

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„Ein weiterer, wichtiger Erfolg ist, dass unter dem neuen Abkommen verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle Aktivitäten eingeführt werden, die wesentlichen Einfluss auf die Meeresumwelt der Hohen See haben“, sagt Hain. „Dieses Verhandlungsergebnis führt zu höheren Umweltschutzstandards und konkreteren Regeln als sie bereits jetzt im Seerechtsübereinkommen enthalten sind.“ Ähnlich sieht es Johannes Müller von Ocean Care: „Umweltverträglichkeitsprüfungen sind einer der wirksamsten Hebel im Meeresschutz. Denn effektiver Meeresschutz braucht ein striktes Management grenzüberschreitender Verschmutzung mit global verbindlichen Regeln, um die Ausbeutung der Ozeane zu verhindern.“

Ausgleich für Nutzung mariner Ressourcen

Ein weiterer, bis zuletzt heiß umstrittener Punkt ist ein Ausgleich für die Nutzung mariner Ressourcen. Dazu gehören beispielsweise der Abbau mineralischer Rohstoffe vom Meeresgrund, aber auch die Erforschung und Nutzung biologischer und genetischer Ressourcen beispielsweise zur Gewinnung neuer medizinischer Wirkstoffe. Weil Entwicklungsländer meist nicht die Technologie und Mittel haben, diese Ressourcen zu nutzen, sollen sie einen entsprechenden finanziellen Ausgleich erhalten. „Der mühsam ausgehandelte Kompromiss sieht vor, dass nach Inkrafttreten des Abkommens eine jährliche Pauschalzahlung seitens der Industrieländer geleistet wird, die dem erforderlichen Kapazitätsaufbau der Entwicklungsländer für die Zwecke des Abkommens zugutekommen wird“, so Hain. „Ein guter Rückhalt des neuen Abkommens in der internationalen Staatengemeinschaft ist für den langfristigen Erfolg des neuen Abkommen enorm wichtig.“

Doch das neue Hochseeabkommen ist erst der Startschuss, die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst: „Häufig ist die Umsetzung die Achillesferse solcher neuen internationalen Übereinkommen. Ohne eine gute Umsetzung auf internationaler und nationaler Ebene bleiben die Formulierungen in dem neuen Abkommen gute Vorsätze, aber in der Realität ändert sich am Schutz der Hohen See wenig“, betont AWI-Forscher Hain. Positiv sei aber, dass die EU und einige andere UN-Mitglieder schon im Vorfeld angekündigt haben, die Umsetzung des neuen Abkommens mit finanziellen Mitteln zu unterstützen. „Das schafft die Voraussetzung, dass das neue Abkommen nicht zu einem Papiertiger wird“, so Hain. „Mit dem neuen Abkommen und den Gremien, die unter diesem Abkommen eingerichtet werden sollen, gibt es nun zum ersten Mal konkrete Anlaufstellen und Prozesse, in denen der Schutz der Hohen See gezielt behandelt werden kann – das ist für mich der größte Erfolg.“

Quelle: High Seas Alliance, Science Media Center, OceanCare

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