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Durchlebte Erinnerung

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Durchlebte Erinnerung
Hören, Sehen und Riechen helfen der Erinnerung oft auf die Sprünge: Das Gehirn speichert diese Informationen nämlich in räumlicher Nähe zu den emotionalen Eindrücken ab. Das haben italienische Wissenschaftler nun bei Ratten herausgefunden. Sie erzeugten Angstzustände bei den Tieren etwa durch einen Laut und versetzten ihnen einen leichten Stromschlag als emotionale Erfahrung. Anschließend störten sie das Hörzentrum in der Großhirnrinde: Die Erinnerung an das Angsterlebnis verschwand. Die Experimente lieferten ein zweites Ergebnis: Nach einiger Zeit verlagert das Gehirn die kombinierten sensorischen und emotionalen Eindrücke.

Sensorische Erfahrungen können kraftvolle Erinnerungen hervorrufen, seien es Kindheitserinnerungen an den Backgeruch aus der Küche, das Gesicht von Freunden auf alten Fotos oder das Gefühl eines frisch gewaschenen Hemds. Warum das so ist, haben Tiziana Sacco und Benedetto Sacchetti von der Universität Turin in Versuchen mit Ratten herausgefunden. Sie setzten die Tiere im Labor drei verschiedenen Sinneseindrücken aus, die Angst erzeugten: lauten Tonsignalen, dem Geruch von Essig und einem grellen Blitzlicht. Gleichzeitig wurde den Tieren durch einen Stromschlag eine emotionale Information mitgegeben. Nach zwei Tagen testeten sie in veränderter Umgebung, ob sich die Nager an die erlebte Angst erinnerten. Dabei wurde das Verhalten der Ratten auf Video aufgezeichnet. Als Anzeichen für Angst werteten die Forscher dabei eine komplette Regungslosigkeit, nachdem sie die Tiere den entsprechenden Signalen erneut ausgesetzt hatten.

Untersucht wurde zunächst der Auditive Cortex, also das Hörzentrum. Dieser Bereich der Großhirnrinde besteht aus mehreren Arealen. Wird der gesamte Auditive Cortex gehemmt, so verloren die Tiere jede Erinnerung an Angstzustände, die mit dem Tonsignal verbunden waren. Anschließend störten die Forscher die einzelnen Areale des Hörzentrums. Dabei stellten sie fest, dass sich in dem so genannten sekundären Auditiven Cortex nur zeitlich weiter zurückliegende Angstzustände löschen ließen. Zeitlich kürzer zurückliegende Angstzustände konnten hingegen nicht aufgehoben werden ? die Ratten erstarrten trotz inaktivem Hörzentrum.

In der Frühphase der Erinnerung ist also eine andere Gehirnregion für die Speicherung verantwortlich, schreiben die Wissenschaftler. Das erkläre, weshalb sich in den Versuchen aktuelle und historische Erinnerungen getrennt beeinflussen ließen. Experimente im Seh- und Riechzentrum lieferten dieselben Ergebnisse: Einen Monat alte Angstzustände konnten beseitigt werden, aber die einen Tag zuvor gemachten Erlebnisse nicht. Gleiches galt für die angeborene Angst vor dem Geruch eines Feindes: Sie ließ sich ebenfalls nicht ausschalten.

Dass Emotionen während des Erinnerungsprozesses eine so bedeutende Rolle spielen, liegt an der Speichertechnik des Gehirns. Sowohl der emotionale Teil als auch die Verhaltensreaktion einer Erfahrung werden gemeinsam abgelegt, und das nahe beieinander, schreiben die Wissenschaftler. Nach einer bestimmten Phase verlagere dann das Gehirn die Informationen.

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Tiziana Sacco und Benedetto Sacchetti (University of Turin, Italien) et al.: Science, Bd. 329, Onlinevorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1183165 ddp/wissenschaft.de ? David Köndgen
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