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Ei oder Baby – eine Echse hat die Wahl

Erde|Umwelt

Ei oder Baby – eine Echse hat die Wahl
Glattechse
Die artenreiche Familie der Skinke hat offenbar auch Vertreter mit erstaunlichem Reproduktionsverhalten hervorgebracht. (Bild: Stefan Rotter/ istock)

Eier legen oder Babys kriegen? Mit welcher Methode sich fortgepflanzt wird, ist bei den meisten Wirbeltieren klar geregelt. Aber nicht bei allen: Es gibt Arten, von denen es sowohl lebendgebärende als auch eierlegende Populationen gibt. Doch Forscher haben nun etwas noch Skurrileres beobachtet: Bei bestimmten Glattechsen können manche Individuen offenbar beliebig und sogar innerhalb einer Reproduktionsphase zwischen beiden Varianten hin und her wechseln – eine ungewöhnliche, aber möglicherweise nützliche Strategie.

In Sachen Nachwuchs gibt es im Tierreich zwei wesentliche Strategien: Entweder die Jungtiere schlüpfen aus zuvor abgelegten Eiern oder sie kommen lebend zur Welt. Evolutionsgeschichtlich ist letztere Variante die jüngere. So legten die frühen Vorfahren der modernen Säugetiere noch Eier – und auch bei manchen Reptilien, die heute lebendgebärend sind, hat sich diese Strategie erst im Laufe der Zeit herausgebildet. Interessanterweise gibt es aber Beispiele, bei denen sich die Natur bis heute nicht entscheiden konnte: Bei einigen wenigen Wirbeltierarten lassen sich beide Reproduktionsvarianten beobachten. Zu diesen faszinierenden Wesen gehört unter anderem die in Australien heimische Glattechse Saiphos equalis.

Überraschung mit Ei

Von dieser Skink-Spezies existieren eiablegende und lebendgebärende Populationen – ein Zeichen dafür, dass sich die Art gerade in einer Art Übergangsstadium befindet. Wie Wissenschaftler um Melanie Laird von der University of Sydney berichten, schlüpfen Jungtiere der eierlegenden Echsenweibchen in der Regel nach fünf- bis 15-tägiger Inkubationszeit. Im Gegensatz dazu kommt der Nachwuchs lebendgebärender Weibchen umschlossen von einer transparenten Membran zur Welt, die er im Schnitt 1,5 Tage nach der Geburt verlässt. Um mehr über die Biologie hinter diesen beiden Reproduktionsstrategien erfahren, haben Laird und ihre Kollegen nun sowohl eierlegende als auch lebendgebärende Vertreter dieser Skinke beobachtet.

Dabei passierte etwas völlig Unerwartetes: Eines der eigentlich lebendgebärenden Echsenweibchen legte plötzlich drei Eier ab – nur um wenige Wochen später ein voll entwickeltes Baby zur Welt zu bringen. Dass ein einzelnes Tier offenbar beliebig zwischen Eiablage und Lebendgeburt hin und her wechseln kann und das auch noch innerhalb einer Reproduktionsphase, ist eine überraschende Erkenntnis. „Es ist der erste Nachweis eines solchen gemischten Reproduktionsmodus bei einem Wirbeltier“, schreibt das Team. Weitere Untersuchungen offenbarten, dass die Eier dieses ungewöhnlichen Geleges einerseits Merkmale „normaler“ Saiphos equalis-Eier aufwiesen. Andererseits verfügten sie aber auch über Eigenschaften der für die Lebendgeburten dieser Art typischen, dünnen Membran.

Flexibilität als Vorteil

Dies deutet nach Ansicht der Forscher daraufhin, dass die ursprüngliche biologische Maschinerie, um Eier mit Schalen zu produzieren, bei den lebendgebärenden Populationen noch erhalten geblieben ist, anstatt im Laufe der Evolution verloren zu gehen. Doch was ist der Sinn dahinter? Laird und ihre Kollegen vermuten einen evolutionären Vorteil: „Keine der beiden Gebärvarianten ist grundsätzlich selektiv vorteilhaft“, erklären sie. Je nach Umweltbedingungen kann demnach mal die eine, mal die andere Strategie nützlicher sein.

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Als Individuum beides zu können, bedeutet in diesem Zusammenhang eine nützliche Anpassungsfähigkeit: Egal in welche Richtung die Selektion wirkt – flexible Tiere kommen in beiden Fällen klar und sichern das Überleben ihres Nachwuchses auch in sich ändernden Lebensräumen. „Wir vermuten, dass die reproduktive Labilität eine bisher unerkannte Anpassungsstrategie ist und biologisch womöglich bedeutsamer ist als man vermuten könnte“, konstatieren die Wissenschaftler. Wie sie betonen, ist das Reproduktionsverhalten vieler Spezies bisher erst unzureichend erforscht. Heimliche Wechsel zwischen Eiablagen und Lebendgeburten bei Wirbeltieren könnten daher bislang schlicht übersehen worden sein.

Quelle: Melanie Laird (University of Sydney, Australien) et al., Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2018.0827

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