Pottwale schlafen wie Menschen und nicht wie andere Wale und Delfine. Diese ruhen sich immer nur mit einer Gehirnhälfte aus und behalten so ein Auge offen, vermutlich um auf Gefahren reagieren zu können und das Atemholen nicht zu verpassen. Aufmerksam geworden auf die Besonderheit waren Luke Rendell von der St. Andrews-Universität in Schottland und sein Team, als sie während einer Walbeobachtung vor der chilenischen Küste zufällig mit ihrem Boot in eine Gruppe schlafender Pottwale drifteten. Die Tiere trieben vertikal zur Oberfläche und hielten ihre Schnauzen in die Luft.
Während die Wissenschaftler langsam aus der Versammlung der ruhenden Tiere heraussegelten, hielt Rendell das Ereignis mit seiner Videokamera fest. Er wusste zunächst nicht genau, was er da gesehen hatte, und wurde erst durch einen Kollegen auf die Bedeutung seiner Entdeckung aufmerksam. Patrick Miller, ebenfalls von der St. Andrews-Universität, hatte in früheren Studien Pottwale mit Tiefenmessern ausgestattet und dabei festgestellt, dass die Wale sieben Prozent ihrer Zeit regungslos in flachen Gewässern driftend verbringen. Auch er konnte den Grund für dieses Verhalten zunächst nicht feststellen, doch gemeinsam stießen die Forscher auf die Lösung des Rätsels.
Die Pottwale schlafen sieben Prozent der Zeit vollständig und tief, auf die gleiche Art wie Menschen. Dabei treiben sie entweder an der Oberfläche, wie Rendell beobachtet hatte, oder in bis zu zehn Metern Wassertiefe. In letzterem Fall atmen sie während der gesamten Zeit nicht. Andere Wale, wie der Grauwal oder der Beluga, verbringen 41 beziehungsweise 32 Prozent der Zeit im Schlaf. Der Pottwal ist damit das Säugetier mit dem geringsten Schlafbedürfnis und schlägt sogar die Giraffe, die diesen Rekord mit acht Prozent bis jetzt hielt.
Möglich wäre allerdings auch, dass der Wal auf zwei verschiedene Weisen schläft: Einmal kurz und tief und dann noch etwas länger mit jeweils einer Gehirnhälfte. Beobachtet werden konnte dieser Halbschlaf bis jetzt jedoch nicht. Miller und Rendell betonen ebenfalls, dass ihre Ergebnisse erst noch durch Gehirnwellenmessungen bestätigt werden müssen. An Zootieren sei dies relativ einfach zu bewerkstelligen, für eine Messung an wildlebenden Tieren sei die Technologie allerdings noch nicht weit genug fortgeschritten.
Nature, Onlinedienst, DOI: 10.1038/news.2008.613 ddp/wissenschaft.de ? Livia Rasche