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Ein Tarnmäntelchen für rote Blutzellen

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Ein Tarnmäntelchen für rote Blutzellen
Eine Art Tarnmantel für rote Blutkörperchen könnte den Weg zu einer universell einsetzbaren Blutkonserve ebnen: Die Hülle aus mehreren Schichten verschiedener Kunststoffe macht die Blutzellen für das Immunsystem des Empfängers unsichtbar, so dass es das gespendet Blut nicht angreift. Dadurch könnte sich das gefährliche Verklumpen des Blutes bei falschen Blutgruppenkombinationen vermeiden lassen, erläutern kanadische Mediziner um Maryam Tabrizian von der McGill-Universität in Montreal, die das Verfahren entwickelt haben. Trotz der künstlichen Hülle seien die Blutkörperchen zumindest in der Petrischale problemlos in der Lage, weiterhin ihre Sauerstoff-Transportfunktion zu erfüllen. Für Abwehrreaktionen durch Antikörper sind sie aber nicht mehr zugänglich, schreiben die Forscher.

Damit eine Bluttransfusion gelingt, müssen Ärzte die genauen Parameter von Spender- und Empfängerblut kennen. Wichtigste Kenngrößen sind dabei die Blutgruppe – A, B, AB und 0 – sowie der Rhesusfaktor. Bei der Blutgruppe A sitzt eine spezielle Eiweißstruktur, das A-Antigen, auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen, bei Blutgruppe B tragen die Blutzellen das anders geformte B-Antigen. Menschen mit Blutgruppe AB verfügen über beide Antigene, und Blutgruppe 0 besitzt lediglich eine Vorstufe.

Problematisch wird die Sache bei Kontakt mit fremden Blutgruppen, da ein Mensch von Natur aus Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper, gegen diejenigen Antigene bildet, die er nicht auf der Oberfläche seiner eigenen roten Blutkörperchen besitzt. Empfänger mit Blutgruppe A können daher keine Blutkonserve mit B-Blut bekommen. Für Empfänger mit AB ist jede Konserve geeignet, während 0-Empfänger nur 0-Blut vertragen können. Weitere Blutfaktoren machen die Sache noch komplizierter. Wissenschaftler suchen daher nach Auswegen, die kritischen Immunantworten bei Bluttransfusionen prinzipiell zu vermeiden.

Dieses Ziel verfolgen auch Tabrizian und ihre Kollegen. Ihr Ansatz: Sie manipulieren gespendete rote Blutkörperchen, indem sie sie mit mehreren Lagen biologisch abbaubarer Kunststoffe umhüllen. Diese Hüllen überdecken die Struktur des Antigens, das aus der Oberfläche herausragt. Die Antikörper des Empfängers können diese Molekülketten dann nicht mehr aufspüren und daran andocken – ein Verklumpen ist ausgeschlossen. Die Forscher um Tabrizian brachten in ihren Versuchen daher rote Spenderblutkörperchen in eine Lösung mit den Polymeren, die sich dann von selbst zu einer Schicht um die Zelle legten. Insgesamt legten die Mediziner auf diese Weise sechs verschiedene Moleküllagen um die Zellen, darunter beispielsweise natürliche Polymere aus Seetang.

Die ersten Tests mit roten Blutkörperchen im Tarnmantel waren laut den Forscher vielversprechend: Sie zeigten einerseits, dass die lebenswichtige Transportkapazität für Sauerstoff bei den behandelten Blutzellen nicht eingeschränkt ist. Andererseits belebten Standardtests mit Antikörpern, dass keinerlei Abwehrreaktion erfolgte. Die präparierten Zellen haben den Forschern zufolge daher das Potenzial, universelle Spenderzellen zu werden. Man habe nun einen wichtigen Schritt auf dem Weg dorthin geschafft – ob sich der Ansatz jedoch jemals in die Praxis umsetzen lässt, muss sich erst in weiteren Studien zeigen.

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Maryam Tabrizian (McGill-Universität, Montreal) et al: Biomacromolecules, doi: 10.1021/bm101200c dapd/wissenschaft.de – Martin Schäfer
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