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Erfolg gegen die Amphibienseuche

Erde|Umwelt

Erfolg gegen die Amphibienseuche
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Mallorca-Geburtshelferkröten (Alytes muletensis) (Foto: Jaime Bosch MNCN-CSIC)
Bisher scheint gegen die tödliche Pilzkrankheit der Amphibien kein Kraut gewachsen: Eine Impfung gibt es nicht und Medikamente schützen höchstens Frösche und Lurche, die in Gefangenschaft gehalten werden. Jetzt jedoch ist es Biologen auf Mallorca erstmals gelungen, wildlebende Kröten von einer Infektion mit der Amphibienseuche zu befreien – und das immerhin über zwei Jahre hinweg. Ihre Methode ist zwar relativ aufwändig, könnte aber gerade bei Befall von bedrohten Arten der Seuche zumindest Einhalt gebieten.

Weltweit sterben immer mehr Amphibien an der tödlichen Chytridiomykose. Diese von dem Pilz Batrachochytrium dendrobatidis ausgelöste Seuche befällt inzwischen Frösche, Kröten und Lurche auf fünf Kontinenten und gilt als eine der Hauptursachen für den weltweiten Amphibienschwund. Selbst entlegene und besonders artenreiche Gebiete wie Madagaskar sind inzwischen mit diesem Pilz durchseucht. „Methoden, um diese Infektion aufzuhalten, werden daher dringend benötigt, um den Verlust der Artenvielfalt zu verhindern“, erklären Jaime Bosch vom Nationalen Naturkundemuseum in Madrid und seine Kollegen. Das Problem dabei: Der Pilz ist nicht nur hochansteckend, er ist auch ein Generalist, der mehr als 700 Amphibienarten infizieren kann. Zwar gibt es bisher einige Versuche, infizierte Amphibien durch antifungale Mittel vom Pilz zu befreien. Doch dies funktionierte bisher nur in Gefangenschaft, weil dort auch der Lebensraum der Tiere gleich mit entpilzt werden kann.

Kombi-Behandlung im Labor und vor Ort

Bosch und seine Kollegen haben nun auf Mallorca erstmals eine Methode getestet, die auch wildlebende Kröten zumindest für einen gewissen Zeitraum von der Seuche befreien kann. Anstoß dafür gab die beginnende Verbreitung des tödlichen Amphibienpilzes unter der Mallorca-Geburtshelferkröte (Alytes muletensis). Diese als gefährdet geltende Krötenart kommt nur in der Bergregion im Norden der Insel vor. Für ihr Experiment fingen die Forscher aus drei Tümpeln dieses Gebiets so viele Kaulquappen der Kröten, wie sie fangen konnten und brachten sie ins Labor. Dort wurden die bereits mit dem Pilz befallenen Tiere sieben Tage lang täglich in einem Antipilzmittel gebadet und anschließend in frisches Wasser umgesetzt. Zur gleichen Zeit pumpten die Wissenschaftler die kleinen Heimattümpel der Kaulquappen komplett leer und ließen sie abtrocknen. Aus früheren Studien ist bekannt, dass der Amphibienpilz eine solche Austrocknung nicht überlebt. Die wenig später beginnenden Herbstregen füllten den Tümpel von allein mit frischem Wasser wieder auf.

Theoretisch könnte man jetzt die im Labor behandelten Kaulquappen wieder in ihre frisch gereinigte Heimat entlassen. Doch wie ein Vorversuch ergab, reicht das noch nicht aus. Denn in den Felsritzen rund um die Tümpel verstecken sich die erwachsenen Kröten – darunter auch infizierte. Sterben sie an der Seuche und fällt ihr Kadaver ins Wasser, kann er die gerade erst geheilten Kaulquappen erneut anstecken. Um das zu verhindern, behandelten Bosch und seine Kollegen die Umgebung der Tümpel und die Felsritzen zusätzlich mit dem Desinfektionsmittel Virkon. Dieses Mittel wirkt gegen Viren, Bakterien und einige Pilze und wird unter anderem in Krankenhäusern, Laboren und in der Tierhaltung zur Desinfektion eingesetzt. Erst nach dieser Behandlung setzten die Forscher die Kaulquappen wieder zurück in die gereinigten Tümpel. Und tatsächlich:  Als die Wissenschaftler den Zustand der Kaulquappen und der aus ihnen heranwachsenden Kröten in den nächsten Wochen regelmäßig überprüften, zeigte sich ein Erfolg: „Wir konnten bei keinem der hier gefangenen Tiere mehr eine Infektion feststellen“, berichten sie. Und dieser Effekt hielt sogar noch bis in die nächste Saison an: Auch im Jahr darauf fanden Bosch und seine Kollegen an den drei behandelten Tümpeln keine mit dem Pilz infizierten Kaulquappen oder Kröten mehr.

Die Forscher sehen in diesem Erfolg einen wichtigen Durchbruch gegen die tödliche Pilzkrankheit. „Dies ist das erste Mal, dass die Chytridiomykose bei einer wildlebenden Population erfolgreich beseitigt worden ist“, sagt Bosch. Die Kombination von antimikrobieller Behandlung der infizierten Tiere mit einer Desinfektion ihres Lebensraums hat nicht nur die Infektion beseitigt, es hat auch zumindest für gewisse Zeit eine Wiederansteckung verhindert. „Darauf können wir nun weitere Forschung aufbauen, um diese tödliche Seuche anzugehen“, so die Forscher. Selbst wenn der Einsatz eines Desinfektionsmittels wie Virkon im Freiland nicht unumstritten ist, eine solche Radikalkur kann gerade bei bedrohten Arten buchstäblich zum Retter werden. „Um der Bedrohung der Chytridiomykose zu begegnen, benötigen wir schnelle Strategien, die auf billige, einfache und überall anwendbare Weise die Infektion beseitigen“, betonen Bosch und seine Kollegen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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