Konkurrenz um die Gunst eines Weibchens macht Spermien schnell und kräftig: Je promiskuitiver eine Art ist, desto zügiger und kraftvoller bewegen sich die männlichen Keimzellen. Das haben amerikanische Biophysiker an Rhesusaffen, Gorillas, Schimpansen und Menschen nachgewiesen, von denen sie jeweils einzelne Spermien in einem speziellen Mikroskop festhielten. Aus den Ergebnissen lasse sich schließen, dass wie bei vielen anderen Tieren auch bei Affen und Menschen der Wettbewerb zwischen den Männchen die Evolution der Spermien geprägt hat.
Rhesusaffe, Schimpanse, Gorilla und Mensch haben vollkommen unterschiedliche Partnerschaftsmodelle. Rhesusaffen und Schimpansen etwa halten nicht viel davon, sich auf einen Partner zu beschränken ? bei ihnen pflegen sowohl die Männchen als auch die Weibchen sexuelle Kontakte zu verschiedenen Artgenossen. Gorillas hingegen sind, zumindest aus der Sicht der Weibchen, rein monogam, denn sie lassen ausschließlich das Alpha-Männchen zum Zuge kommen. Menschen schließlich pflegen einen Lebensstil, der irgendwo dazwischen liegt. So dominieren die Fälle, in denen ein Mann Kontakte zu mehreren Frauen hat, gefolgt vom Modell der festen Partnerschaft, in dem sich ein Mann und eine Frau zusammentun. Schlusslicht mit weniger als einem Prozent der Fälle ist die Situation, in der eine Frau mehrere Männer hat.
Um zu testen, ob sich diese Verhältnisse in der Kraft und der Schnelligkeit der Spermien widerspiegeln, fixierten die Wissenschaftler nun einzelne Keimzellen mithilfe einer so genannten optischen Pinzette. Dabei wird die Energie eines Laserstrahls ausgenutzt, um die Zellen zu bewegen oder in eine bestimmte Richtung zu drängen. Gleichzeitig ermöglicht das System, die Kraft zu messen, die notwendig ist, um die sich bewegende Zelle festzuhalten. Tatsächlich gab es einen Zusammenhang zwischen der Stärke der Spermienkonkurrenz bei einer Art und der Kraft der einzelnen Keimzellen, zeigte die Auswertung: Am schnellsten und auch am kraftvollsten bewegten sich die Schimpansen- und die Rhesusaffenzellen, die menschlichen lagen auf dem zweiten Platz und die Gorillazellen bildeten das Schlusslicht.
Damit gibt es bei Primaten genauso wie bei vielen anderen Tieren eindeutig ein Wettrüsten, so die Forscher: Die größere Schnelligkeit und Kraft verschafft den Spermien von Schimpanse und Rhesusaffe Vorteile beim Rennen zur Eizelle und dem Männchen damit eine größere Chance auf Nachwuchs. Bei den Gorillas, bei denen es praktisch keine Spermienkonkurrenz gibt, ist eine derartig gesteigerte Fitness hingegen nicht nötig.
Jaclyn Nascimento ( Universität von Kalifornien, San Diego) et al.: Journal of the Royal Society Interface, DOI: 10.1098/rsif.2007.1118 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel