Kinder mit Krebs oder anderen schweren chronischen Krankheiten unterdrücken häufig Depressionen und Angst und verdrängen ihre Lebenssituation. Dies geschieht unbewusst, denn sie schätzen sich selbst meist als zufrieden und selbst kontrolliert ein. Das berichten Sean Phipps vom St. Jude Children’s Research Hospital im Memphis und Ric Steele vom University of Tennessee College of Medicine in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift Psychosomatic Medicine (Vol. 64, S. 34).
Die Wissenschaftler befragten für ihre Studie Kinder mit unterschiedlichen chronischen Krankheiten wie etwa Krebs, Diabetes, zystischer Fibrose oder Rheuma. Als Verteidigungsstrategie diene den Kindern, negative Gedanken über sich selbst zu verneinen oder abzuwehren. Die Kinder entwickeln Verhaltensweisen, die zwar von der Gesellschaft gewünscht werden, aber dennoch unrealistisch sind. Aussagen wie „Ich bin immer freundlich zu Menschen, auch wenn sie unfreundlich zu mir sind“ beschreiben diese Einstellung. In dem Fragebogen, den die Kinder ausfüllen sollten, gaben die chronisch kranken Kinder häufiger eine solche Selbsteinschätzung ab als gesunde Kinder.
Bei allen chronisch kranken Kindern stellten die Wissenschaftler eine übereinstimmende Entwicklung von Verteidigungs- und Anpassungsstrategien fest. Sie glauben daher, dass diese Verhaltensweisen generell bei chronisch kranken Kindern auftreten.
Dennoch lässt die Studie die Frage offen, ob diese Verteidigungsmuster den Kindern helfen, mit ihrer Situation umzugehen. Zum einen scheint die Unterdrückung von Depressionen und Ängsten die Bereitschaft, sich mit der Krankheit auseinander zu setzen, erst möglich zu machen. Anderseits, so glaubt Phipps, könnte die Unterdrückung der Emotionen auch in einer Ignoranz gegenüber ernsthaften Fortschritten der Krankheit resultieren.
Nicole Waschke