Die Arbeit seiner Gruppe habe jedoch diese Theorie zerschmettert, schreibt Segal. Seiner Ansicht nach sind die reaktiven Teilchen nur zufällige Nebenprodukte des Vorgangs, der eine ganze Kette von Reaktionen anstößt, die schließlich den eigentlich entscheidenden Mechanismus auslösen. Schlüsselfaktor beider Theorien ist das Enzym NADPH-Oxidase, das Elektronen auf molekularen Sauerstoff überträgt. Dabei entsteht das so genannte Superoxidanionradikal, ein ziemlich reaktives Teilchen, das eine negative Ladung trägt. Während die gängige Vorstellung davon ausgeht, dass diese Teilchen und ihre Zerfallsprodukte Biomoleküle zerstören und dadurch Mikroben töten können, konzentrieren sich Segal und sein Team auf die Folgen der Elektronenübertragungsreaktion.
Dadurch entstehe innerhalb der Zelle eine alkalische Umgebung und ein Überschuss an negativen Ladungen, der durch das Einströmen von positiven Kaliumionen ausgeglichen werde. Diese Bedingungen führen dann nach Angaben der Wissenschaftler zur Aktivierung einer so genannten Protease, eines Enzyms, das andere Eiweiße angreifen und zerstören kann. Diese Protease schließlich töte die Mikroorganismen. Reguliert werde dieser Mechanismus mithilfe eines speziellen Kanals in der Zellmembran, der die Menge der geladenen Teilchen innerhalb der Zelle kontrolliere. Eine Blockierung dieses Kanals zerstöre die Fähigkeit der Zelle, Mikroben zu bekämpfen, während eine verstärkte Kanalaktivität diese Fähigkeit verbessere.
Sollte sich diese Theorie tatsächlich durch weitere Untersuchungen bestätigen lassen, würde das eine Revolution in der Medizin bedeuten: Die Behandlung vieler Krankheiten müsste von Grund auf neu überdacht und auch die Empfehlungen für gesunde Ernährung und eine Nahrungsergänzung durch Antioxidantien müssten in Frage gestellt werden.