Termitenköniginnen vermehren sich mit und ohne Sex. Mit diesem Trick vermeiden sie Inzucht, hat jetzt ein amerikanisch-japanisches Forscherteam gezeigt. Aus befruchteten Eiern schlüpfen Arbeiter und Soldaten. Aus unbefruchteten Eiern werden hingegen neue Königinnen. Der Grund: Bei den Termiten gründet die Hauptkönigin mit einem Männchen, dem sogenannten König, eine Kolonie, stirbt jedoch bereits nach kurzer Zeit. Übernommen wird die Regentschaft dann von ihren Töchtern, die sich ebenfalls mit dem König paaren. Der Vorteil dieser Taktik: Durch die größere Anzahl an Königinnen können sich die Termiten schneller vermehren ? und da die Königinnen dank ihrer ungewöhnlichen Geburt ausschließlich die Gene ihrer Mutter mitbekommen, besteht auch nicht die Gefahr, dass sie sich mit ihrem eigenen Vater paaren. Die genetische Vielfalt wird also erhalten, berichten die Wissenschaftler um Kenji Matsuura von der Universität in Okayama.
Den Beweis für ihre These fanden die Forscher im Erbgut der Insekten: Arbeiter und Soldaten stammten eindeutig vom König ab, im Erbgut der jungen Königinnen konnten hingegen keine Übereinstimmungen mit Genen des Königs festgestellt werden. Bislang beobachteten die Forscher die Kombination aus Jungfernzeugung und sexueller Vermehrung nur bei der Termitenart Reticulitermes speratus. Nun sollen weitere Arten auf ihr Fortpflanzungsverhalten hin untersucht werden. Davon versprechen sich die Wissenschaftler zum einem weitere Erkenntnisse über die genetischen Hintergründe der Fortpflanzung. Zum anderen erhoffen sie sich Hinweise darauf, wie Termitenbefall in Gebäuden vorgebeugt und bestehende Kolonien an der Ausbreitung gehindert werden können. Viele Termitenarten ernähren sich von Holz und verursachen jedes Jahr weltweit ökonomische Schäden in Milliardenhöhe. Die unterirdisch lebende Art Reticulitermes speratus beispielsweise stammt aus Japan und ist für ihre Gefräßigkeit bekannt.
Die sogenannte Jungfernzeugung oder Parthenogenese wurde bei Termiten zum ersten Mal beobachtet, sie ist aber gar nicht so selten und kommt sowohl bei Pflanzen als auch bei anderen Tierarten vor: Diverse Fische, Schnecken, Eidechsen, Krebse, Vögel und Insekten können sich ohne Paarung vermehren. Lediglich Säugetiere scheinen nicht zur Parthenogenese fähig zu sein. Die Jungfernzeugung wird durch bestimmte Hormone ausgelöst. Die dadurch entstandenen Nachkommen sind meist identisch mit den Muttertieren. Bei einigen Tierarten wird jedoch auch die Meiose, also die Reifeteilung durchlaufen, dadurch sind die Nachkommen nur mit dem halben Chromosomensatz ausgestattet. Dies ist zum Beispiel bei Bienen der Fall: Die aus den unbefruchteten Eiern schlüpfenden männlichen Tiere, die Drohnen, sind haploid.
Kenji Matsuura (Universität von Okayama, Japan) et al.: Science, Bd. 323, Nr.5921 ddp/wissenschaft.de ? Mascha Schacht