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Fossile Muschel lebend gefunden

Zoologie

Fossile Muschel lebend gefunden
Die leicht transparente Schale des „lebenden Fossils“ schimmert im Licht. © Jeff Goddard

Ein zoologisches Juwel im Visier: Zwei Forscher berichten über die ungewöhnliche Entdeckungsgeschichte einer neuen und zugleich altbekannten Spezies. Sie haben in Gezeitentümpeln an der Küste Kaliforniens lebende Exemplare einer transparent schimmernden Muschel gefunden, die zuvor nur aus fossilen Ablagerungen aus dem Pleistozän bekannt war.

In der faszinierenden Vielfalt der Natur gibt es noch viel Neues zu entdecken: Immer wieder erweitern Zoologen das Wissen über den Artenreichtum unserer Welt. Doch der aktuelle Fall ist dabei etwas Besonderes, wie Jeff Goddard von der University of California in Santa Barbara und Paul Valentich-Scott vom Santa Barbara Museum of Natural History berichten. Die Geschichte geht dabei auf eine wissenschaftliche Begehung am Naples Point an der südkalifornischen Küste im November 2018 zurück: Eigentlich war Goddard dort in den Gezeitentümpeln bei Ebbe auf der Suche nach speziellen Schneckenarten, als er beim Umdrehen eines Steines auf zwei seltsame Muscheln stieß: „Ihre Schalen waren nur zehn Millimeter lang und dann fingen sie an, mit einem leuchtend weiß gestreiften Fuß zu winken, der länger als ihre Schale war. Bei meinen vielen Begehungen in den letzten Jahrzehnten hatte ich diese Art noch nie gesehen“, so der Meeresbiologe.

Was ist das für eine seltsame Muschel?

Goddard beschloss, die offenbar seltenen Tiere nicht mitzunehmen, sondern nur zu fotografieren. Er stellte fest, dass es sich um Vertreter der Muschelfamilie Galeommatidae handelt, doch er konnte die Art nicht bestimmen. Daraufhin schickte er die Bilder an den Experten Valentich-Scott. „Ich war überrascht und fasziniert. Ich kenne diese Muschelfamilie an der amerikanischen Küste sehr gut. Diese Vertreter hatte ich aber noch nie gesehen“, berichtet der Wissenschaftler. Es bestand somit die spannende Möglichkeit, dass es sich um eine neue Art handelt. Um eine genaue Einschätzung vornehmen zu können, war aber eine Untersuchung nötig. Deshalb kehrte Goddard nach Naples Point zurück, um nach weiteren Exemplaren der mysteriösen Muscheln zu suchen. Dabei blieb er allerdings lange erfolglos. Erst als er schon kaum mehr mit einem Fund rechnete, kam der Erfolg: Er entdeckte ein Exemplar, das er gemeinsam mit Valentich-Scott nutzen konnte, um die Art zu identifizieren.

„Damit begann die Jagd“, sagt Valentich-Scott. Um zu überprüfen, ob es sich um eine bisher unbekannte Art handelt, durchforsteten die Forscher die wissenschaftliche Literatur von 1758 bis heute. Die Merkmale der Muschelschale schienen dabei zu keiner bekannten lebenden Form zu passen. Doch dann stießen die beiden auf Hinweise in einem Bericht aus dem Jahr 1937 über Fossilienfunde aus einer Lagerstätte des Pleistozäns, die sich zehn Kilometer von der Küste entfernt im Bereich von Los Angeles befindet. Sie entdeckten auffallende Ähnlichkeiten zu Abbildungen einer Muschel, die damals den Artnamen Bornia cooki erhalten hatte. Glücklicherweise lagerte ein fossiles Exemplar im Natural History Museum of Los Angeles County, das Valentich-Scott anforderte. So konnten die Forscher es mit dem neu eindeckten vergleichen.

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Ein lebendes Fossil

So bestätigte sich schließlich: Es handelt sich bei dem Fund um so etwas wie ein lebendes Fossil: eine Art, von der man dachte, sie sei ausgestorben. „Es kommt nicht oft vor, dass man eine Art, die bisher nur aus Fossilien bekannt war, lebend wiederfindet“, sagt Goddard. „Unser Fund reicht zwar nicht annähernd so weit in die Entwicklungsgeschichte zurück wie im Fall des berühmten Quastenflossers, von dem man annahm, dass er vor vielen Jahrmillionen verschwunden war. Aber er reicht zurück in die Zeit all dieser wundersamen Tiere, die in den berühmten La Brea Teergruben in Kalifornien gefunden wurden“, so der Wissenschaftler. Die in diesen Asphaltgruben konservierten Tierfossilien stammen aus der letzten Eiszeit.

Wie Goddard und Valentich-Scott hervorheben, stellt sich nun die Frage, wie die Muschel so lange unentdeckt bleiben konnte. „Es gibt in Südkalifornien eine lange Tradition des Muschelsammelns und der Erforschung der Weichtiere, sodass es erstaunlich erscheint, dass niemand auch nur die Schalen unseres Schätzchens gefunden hat“, sagt Goddard. Ihm zufolge könnte es sein, dass das eigentliche Heimatgebiet dieser Art weiter südlich an mexikanischen Küsten liegt. Konkret könnte es sein, dass die Muscheln mit der Strömung während der Hitzewellen in den Jahren 2014 bis 2016 als planktonische Larven nach Norden gelangt sind. Bekanntermaßen konnten dadurch auch andere Meerestiere ihr Verbreitungsgebiet nach Norden ausdehnen. Möglicherweise gehört dazu eben auch diese nun als lebendes Fossil identifizierte Muschelart.

Quelle: University of California – Santa Barbara, Fachartikel: Zookeys, doi: 10.3897/zookeys.1128.95139

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