Es ist bereits bekannt, dass sich die Wohnsituation eines Menschen in seinem statistischen Risiko für Herzkreislauferkrankungen widerspiegelt. Es steigt beispielsweise, je mehr Lärm, Verschmutzung und Kriminalität in der Umgebung vorhanden sind. Mit positiven Faktoren der Nachbarschaft befassten sich bisher hingegen nur wenige Untersuchungen, sagen die Forscher um Eric Kim von der University of Michigan in Ann Arbor. Deshalb haben sie nun gezielt auf die möglichen gesundheitlichen Effekte des sozialen Zusammenhalts in nachbarschaftlichen Gemeinschaften geblickt.
Sie analysierten dazu Daten von 5.276 US-amerikanischen Frauen und Männern mit einem Durchschnittsalter von 70 Jahren, bei denen zu Beginn der Studie keinerlei Herzprobleme bekannt waren. Auf Fragebögen berichteten die Studienteilnehmer, wie sie die Qualität ihrer Nachbarschaftsbeziehungen an ihrem Wohnort einschätzen. Auf einer siebenstufigen Punkteskala sollten sie beispielsweise angeben, wie stark sie sich in ihre Nachbarschaft integriert fühlen, wie hilfsbereit sie ihre Nachbarn einschätzen, wie sehr sie ihnen vertrauen und so weiter. Während des folgenden vierjährigen Beobachtungszeitraumes erfassten die Forscher dann die Fälle von Herzinfarkten bei den 5276 Studienteilnehmern: Es kam zu 148.
Buchstäblich herzliche Nachbarschaft
Nach den statistischen Auswertungen dieser Daten kamen die Forscher zu dem Ergebnis: Je positiver die Probanden ihre Nachbarschaftsbeziehungen eingestuft hatten, desto geringer war ihr statistisches Herzinfarktrisiko in den vier Jahren. Konkret: Jede Stufe höher auf der siebenstufigen Nachbarschafts-Wohlfühl-Skala führte zu einer Reduktion des Risikos um 17 Prozent. Dieses Ergebnis scheint nicht an andere Faktoren gekoppelt zu sein, sagen die Forscher: Den sozioökonomischen Hintergrund, gesundheitliche Parameter, persönliche Lebenseinstellungen und viele andere mögliche Einflussgrößen rechneten sie aus ihren Statistiken heraus.
Eric Kim und seine Kollegen betonen, dass ihre Studienergebnisse keine eindeutigen Rückschlüsse zulassen, was im Detail hinter dem positiven Zusammenhang steckt. Doch vermutlich handelt es sich um eine ähnlich günstige Wirkung, wie sie bereits von engen Sozialkontakten bekannt ist: Freunde und Familie und damit ein dichtes soziales Netzwerk ist gut für die Gesundheit – Einsamkeit wirkt sich hingegen ungünstig aus. Der freundliche Kontakt mit Nachbarn repräsentiert vermutlich eine Erweiterung dieses Geflechts, sagen die Forscher. Sie möchten mit ihrer Studie auch generell die Bedeutung freundlicher Nachbarschaft betonen: Der freundliche Umgang sei wie eine gute Saat, die das Unkraut antisozialen Verhaltens nicht hochkommen lässt, meinen Kim und seine Kollegen.