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Gartenschläfer: Die Stadt als letzter Rückzugsort

Erde|Umwelt

Gartenschläfer: Die Stadt als letzter Rückzugsort
Gartenschläfer
Ein Gartenschläfer im Wald. © Kerstin Hinze

Dürre, Rodungen, Insektensterben – der Wald kann dem Gartenschläfer vielerorts keinen geeigneten Lebensraum mehr bieten. Die Bestände dieses einst häufigen Nagetiers sind daher stark zurückgegangen. Statt im Wald sucht der Gartenschläfer nun immer häufiger in unseren Städten Zuflucht, wie Biologen herausgefunden haben. Doch die Stadt als Arche kann keine langfristige Lösung sein, denn auch dort werden Naturflächen knapper. Daher gilt es nun, wieder Rückzugsorte zu schaffen, um das Überleben des Gartenschläfers zu sichern.

Der kleine Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ist ein Verwandter des Siebenschläfers und fällt vor allem durch seine schwarze, brillenförmige Kopfmusterung auf, die den Spitznamen „Zorro-Maske“ trägt. Der Nager ist nachaktiv und hält von Oktober bis April einen ausgedehnten Winterschlaf – er macht also seinem Namen alle Ehren. Der Gartenschläfer ist sogar eine kleine Berühmtheit, denn er wurde im Jahr 2022 zum Tier des Jahres gewählt – doch leider aus einem traurigen Grund: Die Bestände dieser heimischen Tierart, die einst in weiten Teilen Europas vorkam, sind in Europa und Deutschland in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Aber warum der Nager in so kurzer Zeit aus vielen Regionen verschwunden ist, gab Naturschützern und Wissenschaftlern ein Rätsel auf.

Wo ist der Gartenschläfer?

Daher haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Kooperation mit der Universität Gießen und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ ins Leben gerufen und konnten nach drei Jahren intensiver Forschung nun Licht ins Dunkel bringen. Untersucht wurden in dieser Zeit alle denkbaren Faktoren, die dem Gartenschläfer zusetzen könnten. Dazu gehörten unter anderem Nahrung, Fressfeinde, Krankheiten, Lebensräume sowie die Verbreitung und das Verhalten der Tiere.

Während Befürchtungen einer genetischen Verarmung, welche die Fortpflanzungsfähigkeit der Tiere beeinträchtigt hätte, sich nicht bestätigten, scheint der entscheidende Faktor eher der Verlust von Lebensraum zu sein: Das kleine Nagetier lebt bevorzugt in vielfältigen Wäldern mit Büschen, Felsnischen, ausreichend Totholz und kleinen Höhlen in Bäumen. Doch das Waldsterben in Folge der Dürrejahre in Verbindung mit der intensiven Forstwirtschaft scheint auch bei dieser Art deutliche Spuren hinterlassen zu haben. „Es fehlt an Nahrung, insbesondere an Insekten, einer der Nahrungsgrundlagen der Gartenschläfer, sowie an Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten“, betont Wildtierbiologe Johannes Lang von der Universität Gießen. Auch ein so anpassungsfähiges Nagetier wie der Gartenschläfer findet dann in vielen Regionen Deutschlands keine geeigneten Lebensräume mehr.

Vom Wald in die Stadt

Besonders auffällig war außerdem, dass der Gartenschläfer in einigen Städten im Südwesten Deutschlands recht häufig anzutreffen war, während in vielen seiner natürlichen Lebensräume kaum noch Tiere gefunden wurden. Lang erklärt, dass die Städte entlang des Rheins wie Wiesbaden oder Mainz für den Gartenschläfer offenbar zu einer Art Arche geworden sind, in der er passende Bedingungen zum Überleben findet. Dabei zählt für den Gartenschläfer vor allem ein strukturreicher Lebensraum mit vielen Verstecken, den er anscheinend in einigen Städten nun eher findet als in den von Dürre und Forstwirtschaft beanspruchten Wäldern.

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Doch eine echte Alternative ist das nicht, betont Mechthild Klocke, Projektleiterin der „Spurensuche Gartenschläfer“: „Städte allein als Lebensraum bieten dem Gartenschläfer keine Perspektive, darauf können wir uns nicht ausruhen“. Denn auch die Städte sind im Wandel, verdichten sich immer weiter und verlieren die städtische Natur, die dem kleinen Nagetier momentan als Rückzugsort dient. Hinzukommt, dass das Insektensterben auch in den Städten für Nahrungsknappheit sorgt und das Tier dort durch den Einsatz von Rattengift und Pestiziden zusätzlich gefährdet ist.

Lebensraum zurückgeben

Nachdem das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ nun für Aufklärung über die Ursachen des Rückzugs der Gartenschläfer gesorgt hat, ist der nächste Schritt, diese Nagetiere zu schützen. Deshalb startet das Team jetzt konkrete Schutzaktionen, um der kleinen Schlafmaus auch in all ihren natürlichen Lebensräumen wieder eine Zukunft zu geben. „Wir wollen für den Gartenschläfer wieder Rückzugsräume schaffen, etwa durch Pflanzungen, durch das Zulassen von verwilderten Flächen oder konkret durch das Anbieten von Nistkästen“, erklärt Klocke.

Dies soll – ähnlich wie der erste Teil des Projekts – auch wieder mit der Unterstützung von Freiwilligen geschehen: „Es gilt, die Menschen noch stärker für den Natur- und Artenschutz zu bewegen: vom Balkonbesitzer bis zur Kleingärtnerin, vom Förster bis zur Obstbäuerin, von den Behörden bis zu den Gemeinden. Wir wollen zeigen, wie sich jede und jeder – ob privat oder beruflich – für das Überleben des Gartenschläfers und damit für die Artenvielfalt in Deutschland einsetzen kann“, so Klocke.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen / BUND

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