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Gehen bei Rot, bleiben bei Grün

Erde|Umwelt

Gehen bei Rot, bleiben bei Grün
Bei Steinkorallen lässt sich schon an den Larven erkennen, ob diese später sesshaft werden oder ob ihnen ein unstetes Leben bevorsteht: Fluoreszieren sie grünlich, lassen sie sich eher auf einer festen Oberfläche nieder und entwickeln sich zu Korallenpolypen weiter. Leuchten sie rötlich, wählen sie mit einer weitaus geringeren Wahrscheinlichkeit einen festen Wohnsitz und lassen sich eher mit der Wasserströmung treiben. Das hat ein Team von US-amerikanischen, britischen und australischen Forschern beobachtet. Helfen könnten die Ergebnisse unter anderem dabei, besonders bedrohte Korallenriffe zu identifizieren, sagen die Wissenschaftler. Denn nicht sesshafte Larven werden häufig von ihrem Ursprungsriff weggetrieben und können sich so einen neuen Lebensraum suchen, während fest verwurzelte Tiere auf Gedeih und Verderb den Bedingungen vor Ort ausgesetzt sind. Zudem ermögliche es die Farbkodierung, zu verfolgen, wie Korallen mit der globalen Erwärmung umgehen, schreiben Carly Kenkel und ihre Kollegen.

Korallen sind kleine Nesseltierchen, die in großen Gemeinschaften auf Korallenriffen leben und damit riesige Ökosysteme im Meer bilden. Sie können sich sowohl ungeschlechtlich über sogenannte Knospung als auch geschlechtlich fortpflanzen. Im zweiten Fall laichen die Korallen ab, und aus den befruchteten Eizellen entstehen winzige, im Wasser schwimmende Larven. Finden diese einen geeigneten Untergrund, setzen sie sich dort fest und entwickeln sich zu einem sogenannten Korallenpolypen weiter. Die häufigsten Korallen sind die Steinkorallen mit ihren vielen verschiedenen Färbungen. Die Farbe selbst wird durch ein fluoreszierendes Protein (FP) verursacht, dessen eigentliche Funktion allerdings bisher nicht abschließend geklärt ist. Die Forscher um Kenkel untersuchten daher, ob es irgendwelche Zusammenhänge zwischen der Farbe einer Korallenfamilie und ihrem Lebensstil gibt.

Dazu kreuzten sie grüne, rote und nicht fluoreszierende Steinkorallen miteinander und erzeugten so zwölf Familien unterschiedlichster Färbung. Nach fünf Tagen untersuchten sie aus jeder Familie 15 bis 18 Larven und bestimmten mit Hilfe eines Computersystems ganz exakt deren Farbe. Anschließend setzten sie die Tiere im Labor in eine möglichst natürliche Umgebung, die die Korallen zum Siedeln anregen sollte. Die Hälfte der Larven wurde dann einem gewissen Stress in Form von hellerem Licht und einer um etwa zwei Grad Celsius erhöhten Temperatur ausgesetzt. Nach drei Tagen zählten die Forscher schließlich, wie viele Larven sesshaft geworden waren und welche Farben die sesshaften und die noch schwimmenden Tiere aufwiesen.

Bei der Auswertung stießen die Biologen auf einen unerwarteten Zusammenhang: Offenbar wird die Neigung zur Sesshaftigkeit gemeinsam mit der Farbe von den Elterntieren an die Nachkommen vererbt. So ließen sich rötlichere Larven deutlich weniger von dem attraktiven Untergrund zum Niederlassen animieren als grünliche. Stress beeinflusste ebenfalls sowohl Sesshaftigkeit als auch Farbe: Bei dem helleren Licht und den höheren Temperaturen fanden die Forscher zum einen mehr rote Larven, und es entschieden sich zum anderen auch weniger Tiere dafür, sesshaft zu werden.

Die Wissenschaftler um Carly Kenkel vermuten hinter den unterschiedlichen Lebensstilen der Steinkorallen einen Anpassungsmechanismus an unterschiedliche Umgebungen: Sind die Bedingungen stabil, zahlt es sich aus, direkt vor der eigenen Haustür zu siedeln und das bestehende Riff zu erhalten. Sind die Bedingungen dagegen eher ungünstig, kann es besser sein, die heimatlichen Gefilde zu verlassen und neue Lebensräume zu erobern. Die Biologen schlagen daher vor, die Farbe als optischen Marker zu verwenden, um zu erkennen, welche Larven eher direkt am Heimatriff sesshaft werden und welche weiter weg ein Zuhause finden. Zudem könnte die rote Farbe als Stressindikator dienen.

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Carly Kenkel (University of Texas, Austin) et al.: Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2010.2344 dapd/wissenschaft.de ? Anke Biester
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