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Genschere mit Pfropf-Verfahren kombiniert

Pflanzen-Biotechnologie

Genschere mit Pfropf-Verfahren kombiniert

Video Credit: PLAMORF ERC SynergyGrant
Schneller Weg zu optimierten Pflanzen, die keine Spuren des genetischen Werkzeugs mehr tragen: Forscher haben eine klassische Methode der Pflanzenveredelung mit der CRISPR/Cas-Technologie kombiniert, um die Entwicklung neuer Nutzpflanzen zu vereinfachen. Dabei werden natürliche Sprosse auf Wurzelstöcke gepfropft, die durch eine genetische Veränderung die CRISPR/Cas-Genschere bilden. Nur der Bauplan dieses Werkzeugs wird dann als Boten-RNA bis in die Blüten transportiert und führt dort zu genetisch angepasstem Saatgut, das selbst keine Fremdgene trägt. So könnten sich unproblematisch neue Nutzpflanzen herstellen lassen, deren Merkmale denen klassisch gezüchteter Sorten entsprechen, erklären die Wissenschaftler.

Seit der Entwicklung der Landwirtschaft passt der Mensch Nutzpflanzen gezielt seinen Bedürfnissen an. Die klassische Form der Zucht erfordert allerdings viel Zeit und Aufwand: Natürlich vorkommende Mutationen in bestimmten Erbanlagen müssen über viele Generationen hinweg durch Selektion und Kreuzungen in neuen Sorten etabliert werden. Bereits seit einiger Zeit wird versucht, diesen Prozess durch moderne gentechnische Methoden zu beschleunigen. Unter anderem könnten dadurch Pflanzensorten entstehen, die für die klimafreundliche Energiegewinnung und als Rohstofflieferanten für die Industrie optimiert sind. Die grüne Gentechnik hat in den letzten Jahren vor allem durch die Entdeckung der Genschere CRISPR/Cas enormen Auftrieb erhalten: Das Verfahren erlaubt es, gezielt Gene in Pflanzen zu verändern oder auszuschalten, um ihnen bestimmte Merkmale zu geben.

Wie wird man das Werkzeug los?

„Die Komponenten der Genschere CRISPR/Cas werden dazu selbst als DNA-Sequenz in die pflanzliche DNA im Zellkern eingeführt“, erklärt Seniorautor Friedrich Kragler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam. Doch das Verfahren hat bisher einen Haken: Die für die präzisen Schnitte ins Genom eingeführte CRISPR/Cas Fremd-DNA muss durch aufwändiges Rückkreuzen wieder aus den entstandenen Pflanzen beseitigt werden. Denn sonst bleiben sie transgen und auch ihre genetische Stabilität kann beeinträchtigt werden. Nun präsentieren Kragler und sein Team eine clevere Methode, durch die sich bereits in der ersten Generation Samen für optimierte Pflanzen produzieren lassen, die keinerlei fremde DNA mehr aufweisen.

Das Verfahren beruht auf der Kombination der CRISPR/Cas-Technologie mit dem uralten Verfahren des Pfropfens, das etwa zur Veredelung von Obstbäumen, Reben oder Rosen eingesetzt wird. Dabei wird ein Spross einer Pflanze mit speziellen Merkmalen auf einen Wurzelstock mit anderen gewünschten Eigenschaften transplantiert. Bei ihrem neuen Verfahren schnitten die Wissenschaftler nun den Stängel einer Pflanze, deren Zellkerne DNA der Genschere enthalten, über dem Wurzelstock ab und pfropften dann den Spross einer genetisch unveränderten Empfängerpflanze darauf. Die Forscher haben die DNA-Sequenz der Genschere dafür so angepasst, dass eine Boten-RNA gebildet wird, die aus dem Wurzelstock in die genetisch nicht veränderten, oberirdischen Teile verschickt werden kann.

Gentechnischer Veredelungsansatz

Diese mRNA kann dann auch in den Blüten der Pflanze als Bauplan für die Genscheren dienen. Dort können sie somit auch die gewünschten Veränderungen in den Pflanzenzellen hervorrufen, aus denen sich die Samen bilden. Ein Teil von ihnen trägt dadurch bereits in der nächsten Generation die gewünschten Genschnitte, konnte das Team im Fall der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zeigen. Die Samen sowie die aus ihnen entstehenden Pflanzen sind aber frei von jeglicher Fremd-DNA und lassen sich von Varianten mit natürlicherweise entstanden Genmutationen nicht unterscheiden, erklären die Wissenschaftler.

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Wie sie erklären, zeichnet sich damit nun erhebliches Potenzial für die Entwicklung genetisch optimierter Pflanzensorten ab. Denn viele Kulturpflanzen können bisher nur schwer oder gar nicht gekreuzt werden, oder haben sehr lange Generationszeiten – wie etwa Baumarten. Wenn man bei diesen Pflanzen die Fremd-DNA durch Kreuzungen wieder herausbekommen wollte, würde dies viele Jahre dauern. Kragler sieht außerdem in einem weiteren Aspekt vielversprechendes Potenzial: „Bisher sind gezielte gentechnische Methoden nur für wenige, sehr gut erforschte Pflanzen etabliert. Da aber das Veredeln durch Pfropfung häufig auch zwischen vielen gar nicht so nah verwandten Arten funktioniert und man die Wurzelstöcke leicht vermehren kann, ist es denkbar, dass ein Wurzelstock gleich mehrfach benutzt werden kann, um gezielt Pflanzen verschiedener Arten oder Zuchtsorten mit erwünschten neuen Eigenschaften zu versehen.“ Mit der Kombination aus der klassischen Methode mit der modernen Technik der Molekularbiologie könnten also zukünftig schnell und kostengünstig neue Sorten gezüchtet werden, sind die Wissenschaftler überzeugt.

Quelle: Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Fachartikel: Nature Biotechnology, doi: 10.1038/s41587-022-01585-8

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