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Globaler Gradient bei der Farbenpracht belegt

Gefiederfarben

Globaler Gradient bei der Farbenpracht belegt
Forscher bestätigen die bisherige Annahme, dass Vögel am Äquator durchschnittlich am farbenprächtigsten sind und der Grad der Buntheit mit zunehmendem Breitengrad abnimmt. © University of Sheffield/NHM Tring

Von knallig-bunt bis einfarbig-schlicht: Bei den Merkmalen des Gefieders in der Vogelwelt gibt es bekanntlich eine große Bandbreite. Eine Analyse von 4500 Vogelarten der Welt zeigt nun Prinzipien der globalen Verbreitung der Farbmerkmale auf. Dabei bestätigte sich erstmals wissenschaftlich fundiert eine weitverbreitete Annahme: Vögel, die in den tropischen Regionen der Welt leben, haben im Durchschnitt ein bunteres Gefieder als Vögel, die in den gemäßigten Zonen der höheren Breiten vorkommen. Die Farbenpracht nimmt dabei graduell ab, je weiter man sich vom Äquator entfernt. Die Wissenschaftler berichten auch über die möglichen Hintergründe des festgestellten Gradienten.

Menschen, die aus Europa und anderen Regionen der gemäßigten Breiten in die Tropen reisen, berichten oft von der auffallend großen Farbenpracht der Natur in den warmen Gefilden. Unter anderem schwärmte auch bereits der große Naturforscher Alexander von Humboldt davon, wie auffallend bunt die Flora und Fauna in den Tropen erscheint, die auch zahlreiche farbenfrohe Vogelarten umfasst. Die subjektiven Eindrücke führten zu der Annahme, dass die Vögel im Bereich des Äquators grundsätzlich eher farbenfroh sind als Arten, die in den hohen Breiten leben. Doch bisher galt dies nicht als wissenschaftlich gesichert, da es keine systematischen und global umfassenden Untersuchungen dazu gegeben hat. Es schien möglich, dass der besonders „bunte“ Eindruck auf die insgesamt größere Artenvielfalt in den Tropen zurückzuführen ist und nicht auf ein statistisch greifbares Grundprinzip.

Analytischer Blick auf die weltweite „Vogelmode“

Um nun für mehr Klarheit zu sorgen, haben die Wissenschaftler um Christopher Cooney  von der University of Sheffield eine breite Datenbasis geschaffen: Sie erstellten digitale Fotos der Weibchen und Männchen von mehr als 4500 Arten der Sperlingsvögel (Passeriformes) aus der ganzen Welt. Es handelt sich dabei um die weitaus größte Gruppe der Vögel, die auch alle Singvögel umfasst – vom Spatz bis zum Paradiesvogel. Die Bilder wurden mittels Bildverarbeitungstechniken sowie durch Methoden des maschinellen Lernens automatisch ausgewertet, um die Farbmerkmale zu erfassen und zu charakterisieren. Die Forscher entwickelten für die Studie zudem ein Bewertungssystem, das auf sogenannten „colour loci scores“ beruht. Diese Farbigkeitswerte ergeben sich aus der Anzahl von unterschiedlich farbigen Federbereichen sowie deren Kontrast. Zum Beispiel erreicht bei den tropischen Vögeln der bunte Siebenfarbentangar einen hohen Wert, nur dunkel gefiederte Tropenvögel hingegen einen sehr niedrigen. Bei uns liegen Vögel wie etwa der farbenfrohe Stieglitz vorn, Spatz oder Amsel dagegen am unteren Ende der Skala.

Durch die Verknüpfung mit den jeweiligen Verbreitungsgebieten und durch ihre statistischen Auswertungen konnten die Wissenschaftler nun erstmals wissenschaftlich fundiert bestätigen: Sperlingsvögel, die in den tropischen Regionen der Welt leben, sind tatsächlich tendenziell farbenfroher als Vögel, die in den gemäßigten Zonen der hohen Breiten vorkommen. Konkret bedeutet das: Die Anzahl der unterschiedlichen Farbbereiche im Gefieder ist am Äquator am höchsten und nimmt den Breitengraden folgend nach Norden und Süden hin ab. Dieses Prinzip findet sich dabei sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Tieren wieder, die sich bei vielen Arten deutlich im Aussehen unterscheiden können, berichten die Forscher.

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Was steckt hinter dem Gradienten?

Welche Effekte genau zu dem globalen Muster bei der Verbreitung der Farbenfreude führen, bleibt zwar unklar. Es zeichnen sich den Wissenschaftlern zufolge allerdings grundsätzliche Aspekte ab, die eine Rolle zu spielen scheinen. Demnach kann der ausgeprägte Spitzenwert der Farbenpracht in den tropischen Zonen zum Teil durch Breitengrad-assoziierte Gradienten in den klimatischen Bedingungen und ökologischen Eigenschaften erklärt werden. Denn wie die Ergebnisse im Detail zeigten, ist die Farbvielfalt offenbar tendenziell bei Vogelarten höher, die in geschlossenen Waldhabitaten leben, wie sie für viele tropische Bereiche besonders typisch sind. Vogelarten, die eher im offenen Grasland vorkommen, sind hingegen häufiger schlichter gefärbt.

Im Detail zeigte sich zudem, dass auch diejenigen Vogelarten eher farbenfroh sind, die sich von Früchten und Blütennektar ernähren. Somit ist vermutlich der Bedarf an visueller Auffälligkeit zur Kommunikation in unübersichtlichen Lebensräumen sowie die Fähigkeit, farbbildende Verbindungen mit der Nahrung aufzunehmen, mit dem Muster der Verbreitung der farblichen Komplexität bei Vögeln verbunden. „Doch viele weitere potenziell wichtige Faktoren gilt es noch zu untersuchen“, schreiben Cooney  und seine Kollegen.

Abschließend werfen sie noch einen Blick über die Vogelwelt hinaus. Denn nicht nur bei diesen Tieren wurde ein möglicher Breitengrad-Gradient bei der Farbigkeit postuliert: Frühe Naturforscher wie Alexander von Humboldt bemerkten generell die auffällige Farbenpracht vieler tropischer Taxa, darunter Pflanzen, Insekten und Wassertiere. „Während unsere Ergebnisse einen klaren Beleg für einen Breitengrad-Gradienten in der Farbigkeit bei Sperlingsvögeln belegen, bleibt nun noch zu klären, inwieweit andere Lebewesen der möglichen Regel folgen, dass das Leben in den Tropen generell bunter ist als in den gemäßigten Zonen“, schließend die Wissenschaftler.

Quelle: Nature Ecology & Evolution, doi: 10.1038/s41559-022-01714-1

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