Ein amerikanisch-deutsches Forscherteam hat entdeckt, wie Prostatatumoren der Zerstörung durch das Immunsystem entgehen: Die bösartigen Zellen entledigen sich bestimmter Markierungsmoleküle auf ihrer Oberfläche, die normalerweise die Killerzellen der Körperabwehr auf den Plan rufen. Ohne diese Marker-Eiweiße kann das Immunsystem die Krebszellen nicht mehr identifizieren, und die Tumoren wachsen ungestört weiter. Das berichten Jennifer Wu von der Universität von Washington in Seattle und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift Journal of Clinical Investigation (Bd. 114, S. 560).
Der Körper hat mehrere eingebaute Anti-Tumor-Mechanismen. Eine dieser Verteidigungsstrategien macht sich die Tatsache zunutze, dass sich auf der Oberfläche verschiedener Arten von Tumorzellen ganz bestimmte Proteine, die so genannten MICs, befinden. Diese Eiweiße werden vom Immunsystem erkannt und aktivieren Killerzellen, die dann die bösartigen Zellen zerstören.
Auch Tumoren der Prostata besitzen diese MICs ? jedoch nur, wenn sie sich noch im Frühstadium befinden, entdeckten Wu und ihre Kollegen nun. Später scheinen die Tumorzellen die Markermoleküle dann abzustreifen: Die MIC-Menge auf der Zelloberfläche war bei Patienten mit Prostatakrebs in späteren Stadien deutlich geringer, während die Konzentration im Blut erheblich zunahm. Die Tumorzellen aus den späteren Stadien waren folgerichtig auch nicht mehr in der Lage, die Killerzellen des Immunsystems zu aktivieren.
Diese Entdeckung bietet nach Ansicht der Wissenschaftler neben der Möglichkeit, Prostatatumoren besser zu bekämpfen, auch einen neuen Ansatz für einen Krebstest: Je aggressiver die Tumoren nämlich waren, desto mehr MICs befanden sich im Blut der Patienten. Die Menge dieser Eiweißmoleküle könnte demnach Auskunft darüber geben, ob ein Patient bereits einen Tumor in einem fortgeschrittenen Stadium hat oder nicht.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel