Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Hand-Evolution: Fossile „Fischfinger“ entdeckt

Erde|Umwelt

Hand-Evolution: Fossile „Fischfinger“ entdeckt
Künstlerische Darstellung von Elpistostege. (Bild: Katrina Kenny)

Ein Wesen aus der Ära der Landeroberung: Paläontologen präsentieren ein „Missing Link“ bei der Evolution von Urzeit-Fischen zu den ersten Landwirbeltieren. Das etwa 380 Millionen Jahre alte Fossil liefert Einblicke darin, wie die Wirbeltierhand einst aus Flossen hervorgegangen ist. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Entwicklung der charakteristischen Grundstruktur dieser Gliedmaßen schon bei den Fischen begann.

Es war eine der folgenreichsten Entwicklungen im Rahmen der Evolutionsgeschichte: Einige urzeitliche Fische brachten nach und nach spezielle Flossen-Strukturen hervor, die es ihnen schließlich ermöglichten, sich an Land fortzubewegen. Irgendwann bildeten sich daraus dann Gliedmaßen, die wir als Hände und Füße bezeichnen würden. So entstanden die ersten Landwirbeltiere (Tetrapoden), zu denen auch der Mensch gehört. Fossilien deuten darauf hin, dass die Landwirbeltiere vor etwa 374 Millionen Jahren erstmals auftraten – buchstäblich. Einige ältere Fossilien legten allerdings bereits nahe, dass die Wurzeln ihrer charakteristischen Gliedmaßen-Strukturen noch tiefer in die Entwicklungsgeschichte reichen.

„Missing Link“ präsentiert

Im Fokus der Erforschung der frühen Evolutionsgeschichte stehen bereits seit einiger Zeit Fossilien von Wesen, die als Elpistostegalia bezeichnet werden. Sie lebten im mittleren und späten Erdzeitalter des Devon – vor 393 bis 359 Millionen Jahren. Die Anatomie dieser Fische zeigt bereits einige Parallelen zu denen der Landwirbeltiere. Doch bisher fehlte ein wichtiges Puzzleteil: Es gab keine Elpistostegalia-Fossilien, die die vollständige Anatomie der Brustflossen zeigten. Doch das hat sich nun geändert: „Wir präsentieren nun das Fossil eines vollständigen Exemplars eines tetrapodenartigen Vertreters der Elpistostegalia, das neue Informationen über die Entwicklung der Wirbeltierhand liefert“, sagt Co-Autor John Long von der Flinders University in Adelaide.

Das Fossil stammt von einem Fundort in Kanada, wo sich vor Jahrmillionen ein flaches Meer erstreckte. Dort lebte der von den Forschern Elpistostege watsoni genannte Fisch wohl im Küstenbereich. Elpistostege war vermutlich das größte Raubtier seines Lebensraums und schnappte mit seinem Zahn-besetzten Maul nach Fischen, deren Fossilien ebenfalls am Fundort entdeckt wurden. Im Rahmen ihrer Studie legten die Wissenschaftler das 1,57 Meter lange Exemplar akribisch frei und untersuchten vor allem die gut erhaltene Brustflosse des Tieres. Dabei kam Computertomografie zum Einsatz, um auch feinste Details sichtbar zu machen. So konnten sie erstmals genau zeigen, wie die Vorderflossen am Anfang der Entwicklung zu den Landwirbeltieren strukturiert waren.

Anzeige

Grundstrukturen von Arm, Hand und Fingern

Wie sie berichten, zeichneten sich ein Oberarmknochen, ein Unterarmknochen, Handknochen und vor allem Fingerstrukturen ab. „Dies ist das erste Mal, dass wir eindeutig Finger entdecken, die in einer Flosse mit Flossenstrahlen eingebettet waren. Die fingerartigen Strukturen in der Flosse ähneln dabei den Fingerknochen in den Händen der meisten heutigen Tiere“, sagt Long. „Dieser Befund belegt den Ursprung der Fingerstrukturen bei Fischen und zeigt, dass das Strukturmuster der Wirbeltierhand entstand, kurz bevor die Fische das Wasser verließen“, so der Paläontologe.

„Die Entstehung dieser fingerartigen Strukturen hängt mit der Entwicklung der Fähigkeit dieser Fische zusammen, ihr Gewicht im flachen Wasser oder für kurze Ausflüge aufs Land zu tragen. Die erhöhte Anzahl kleiner Knochen in der Flosse vermittelte mehr Flexibilität, um das Gewicht über die Flosse besser zu verteilen“, erklärt der Erstautor der Studie, Richard Cloutier von der Université du Québec in Rimouski. „Weitere Merkmale, die wir in Bezug auf die Struktur des Oberarmknochens gefunden haben, zeigen zudem Gemeinsamkeiten mit den Eigenschaften von frühen Amphibien“, so der Paläontologe.

Die nun aufgedeckten Merkmale von Elpistostege watsoni vermittelten auch einen Eindruck davon, wie dieses Wesen einmal ausgesehen hat und wie es sich verhalten haben könnte. Diese Vorstellungen bildeten die Grundlage für einen kurzen, von den Forschern entwickelten Animationsfilm. Er zeigt, wie Elpistostege watsoni durchs Wasser schwimmt, auf einen Felsen hopst und sich mit seinen Vordergliedmaßen zurechtrückt. Abschließend betont Cloutier allerdings: „Elpistostege ist nicht unbedingt unser direkter Vorfahre, aber es ist das bisher beste Beispiel eines der Übergangswesen zwischen den Fischen und den Tetrapoden“, so der Paläontologe.

Quelle: Flinders University, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-020-2100-8

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ge|ne|sis  〈f.; –; unz.〉 Schöpfungsgeschichte, Titel des 1. Buches Mose [grch., ”Erzeuger, Ursprung“]

Fol|ke|vi|se  〈[–vi–] f.; –, –r; Mus.〉 altdänisches Tanzlied bes. des 12.–14. Jh.; →a. Kämpevise … mehr

Ma|te|rie|wel|le  〈[–ri–] f. 19; Phys.〉 elektromagnet. Welle, die jedem Teilchen zugeordnet werden kann, bes. im Bereich der Elementarteilchenphysik eine ebenfalls sinnvolle Betrachtungsweise

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige