Genau das haben die Forscher um Gavin Dawe von der Nationaluniversität von Singapur nun jedoch beobachtet: Sie kreuzten normale Mausweibchen mit genetisch veränderten Männchen, deren Zellen unter dem Mikroskop grün leuchteten. Als sie anschließend im mütterlichen Gewebe nach grün leuchtenden fötalen Zellen suchten, fanden sie auch einige im Gehirn. Eine genauere Analyse zeigte, dass sich dort aus den unspezialisierten Stammzellen alle Arten von Gehirnzellen entwickelt hatten ? von Stützzellen bis zu Neuronen. Interessanterweise waren die neuen Zellen dabei jedoch nicht gleichmäßig verteilt, sondern konzentrierten sich auf Areale, in denen die mütterlichen Zellen geschädigt waren.
Ob die neuen Hirnzellen tatsächlich funktionsfähig waren und warum sie sich in den verletzten Regionen ansammelten, können die Forscher bislang noch nicht sagen. Unklar sei auch, ob embryonale Zellen beim Menschen ähnliche Fähigkeiten besitzen, berichtet der „New Scientist“. Um das zu testen, wollen die Wissenschaftler nun in Gehirngewebe verstorbener Frauen nach Zellen suchen, die ein männliches Y-Chromosom enthalten. Solche Zellen können nämlich nur von männlichen Föten stammen, so die Forscher. Sollte sich das bestätigen, könnten sich die fötalen Zellen als sehr vorteilhaft für die Behandlung von neuronalen Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer erweisen. Ein wesentlicher Vorteil wäre beispielsweise, dass die Zellen nur in den Blutkreislauf und nicht wie bei bisherigen Ansätzen direkt ins Gehirn gespritzt werden müssten. Von dort könnten sie sich dann selbstständig ihren Weg zur verletzten Region suchen.
New Scientist, 20.08.2005, S. 8
Originalarbeit der Forscher: Gavin Dawe (Nationaluniversität von Singapur) et al., Stem Cells (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1634/stemcells.2004-0169)