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Hinter den Kulissen des Elefantentourismus

Erde|Umwelt

Hinter den Kulissen des Elefantentourismus
Elefantenreiten
Elefantenreiten ist bei Touristen beliebt – doch sie kennen die Schattenseite nicht. (Foto: Pro Wildlife)

Der Elefantentourismus boomt: In vielen asiatischen Ländern können Touristen in speziellen Camps Elefanten streicheln, sie fotografieren und auf ihnen reiten. Doch was hinter den Kulissen dieser Camps vor sich geht, weiß kaum ein Urlauber. Die Tierschutzorganisation Pro Wildlife hat nun in einem Bericht zusammengestellt, wie der Elefantentourismus häufig sowohl gegen den Tierschutz als auch den Artenschutz verstößt.

In Asien scheinen Elefanten zum Alltag zu gehören. Kein anderes Tier hat die asiatische Kultur, Wirtschaft und Religion so sehr geprägt wie der Elefant. Er diente über die Jahrhunderte hinweg als Lasten- und Zugtier, als Helfer bei Kriegszügen, als Statussymbol oder er wurde sogar als Gottheit verehrt. Doch was viele nicht wissen: Obwohl Asiatische Elefanten schon seit mehr als 4000 Jahren in Gefangenschaft gehalten und zum Arbeiten eingesetzt werden, sind sie nie domestiziert worden. Weil sie nie über Generationen hinweg selektiv gezüchtet wurden, sind sie bis heute Wildtiere geblieben.

Blick hinter die Kulissen des Elefantentourismus

„Der Großteil der Elefanten im Dienst des Menschen wurde und wird noch heute in freier Natur eingefangen, nur sehr wenige Tiere wurden in Gefangenschaft geboren“, erklären Adeline Fischer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife und ihre Kollegen. „Anders als meist suggeriert wird, sind die gefangenen Elefanten keine Waisen. Die Tiere stammen stattdessen häufig direkt aus der Wildnis, nicht selten wird für ein Elefantenbaby die ganze Herde getötet.“

Das gilt auch für die Elefanten, die in vielen asiatischen Ländern dem Tourismus dienen. Die Tiere werden in Camps gehalten, in denen die Touristen die „grauen Riesen“ bestaunen, fotografieren und auf ihnen reiten können. Was jedoch hinter den Kulissen dieser Elefantencamps vorgeht, ist kaum bekannt. Pro Wildlife hat daher in einem neuen Bericht zusammengestellt, welche Probleme mit solchen Elefantencamps und dem Elefantentourismus insgesamt verbunden sind.

Oft illegale Wildfänge

Ein wichtiger Aspekt ist die Herkunft der Elefanten: Viele Tiere wurden illegal gefangen und gehandelt, wie Pro Wildlife berichtet. Weil der Bedarf an Elefanten für den Tourismus so groß ist, wird er insbesondere in Thailand auch mit Elefanten aus den Nachbarländern gedeckt – trotz internationaler Handelsverbote. „Die Elefanten werden illegal über die Grenzen gebracht und steigende Besucherzahlen in den Elefantencamps befeuern den Markt weiter“, berichtet Fischer.

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In Sri Lanka stammen nach Schätzungen von Tierschutzorganisationen 75 Prozent der im Tourismus eingesetzten Elefanten aus der Wildnis und wurden illegal eingefangen. „Der asiatische Elefant ist vom Aussterben bedroht und diese Form des Tourismus trägt noch dazu bei, die Zahlen weiter zu dezimieren“, betont Fischer. „Es gibt noch etwa 44.000 wildlebende asiatische Elefanten. Dem gegenüber stehen 15.000 Tiere in Gefangenschaft.“

Gewaltsames Brechen des Willens

Ein weiteres Problem ist die Haltung und das Abrichten der Rüsseltiere: „Ein Elefant beugt sich nur unter Anwendung von massiver Gewalt dem Willen des Menschen“, erklärt Fischer. „Dafür werden die Tiere über einen langen Zeitraum mit Hilfe von Seilen und Ketten fixiert und mit Schlägen sowie Nahrungs- und Wasserentzug gefügig gemacht, bis ihr Willen gebrochen ist.“ Bei dieser als englisch „Crush“ oder thailändisch „Phaajan“ bezeichneten Prozedur dienen Angst und Strafen als Mittel, um den Elefanten dazu zu bringen, Befehlen zu gehorchen und Reiter auf seinem Rücken zu dulden. „Im Durchschnitt überlebt nur eines von drei wild gefangenen Elefantenjungen diese Prozedur“, heißt es im Pro Wildlife-Bericht.

Doch auch nach diesem „Brechen ihres Willens“ werden viele Elefanten schlecht behandelt: Die in Freiheit oft kilometerweit wandernden Tiere werden in den Camps an kurzen Ketten gehalten und stehen den Großteil des Tages eng angebunden. „Elefanten sind die einzigen Wildtiere, die bis heute an Ketten gehalten werden. Die Tiere leiden unter ständigem Bewegungsmangel und sozialer Isolation. Häufig stehen sie in ihren eigenen Exkrementen und leiden an Verletzungen, die ihnen von den Elefantenhaken zugefügt wurden“, ergänzt Fischer.

Keine sanften Riesen

Hinzu kommt, dass die Elefanten in den Camps oft schlecht ernährt sind und ihnen freier Zugang zu Wasser und Schatten fehlt. Weil auch die tiermedizinische Betreuung oft mangelhaft ist, sind Elefanten in Gefangenschaft zudem mit Tuberkulose infiziert, wie Studien zeigen. „Elefanten sind damit potenzielle Krankheitsüberträger“, warnt Fischer. „Viele Touristen lassen sich beispielsweise beim Baden mit den Elefanten nassspritzen, so können die Erreger übertragen werden.“

Und auch der Mythos vom sanften Riesen sei falsch, betont Pro Wildlife. „Elefanten zählen zu den gefährlichsten Wildtieren in Gefangenschaft“, heißt es im Bericht. Immer wieder kommt es in Elefantencamps zu Angriffen der Tiere auf Mahouts oder Touristen – teilweise aus Angst und Stress, teilweise auch aus Rache für schlechte Behandlung durch die Mahouts. Eine Auswertung von Medienberichten ergab, dass allein 2016 und 2017 mindestens 42 Menschen durch Angriffe von Elefanten starben, mehr als 40 Menschen wurden verletzt.

Das Umdenken beginnt bereits

„Der Einsatz von Elefanten in der Tourismusindustrie stellt sowohl mit dem Blick auf Tier- und Artenschutz als auch auf die menschliche Sicherheit und Gesundheit ein erhebliches Problem dar“, lautet das Fazit des Berichts. Um die Lage der Elefanten in Asien zu verbessern, hat Pro Wildlife eine Reihe von Empfehlungen ausgearbeitet. Zudem klärt die Organisation Reiseunternehmen über die Missstände im Elefanten-Tourismus auf. „Viele Unternehmen sind bereit, ihr Programm elefantenfreundlich zu gestalten“, sagt Fischer. „Wir leisten Hilfestellung und unterstützen die Unternehmen bei diesem Schritt.“

Und erste Erfolge gibt es bereits: „TUI hat als erster Branchenriese Elefantenreiten bereits aus dem Programm genommen, weitere Anbieter wir Geograf Reisen, Studiosus und Hauser Exkursionen reagierten auch direkt“, berichtet Fischer. Auch der größte deutsche Reiseverband DRV hat sich in einem offiziellen Positionspapier gegen direkte Interaktionen mit Elefanten ausgesprochen. Touristen sollten sich vor Besuch in einem Elefantencamp darüber informieren, ob es sich um eine seriöse Auffangstation handelt oder ein primär dem Tourismus dienendes Camp.

Quelle: Pro Wildlife

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