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Hoffnung im Kampf gegen Bienen-Virus

Bienenerkrankung

Hoffnung im Kampf gegen Bienen-Virus
Bienen müssen nach ihren Ausflügen zum Stock zurückfinden - eine Fähigkeit, die eine Viruserkrankung beeinträchtigen kann. (Bild: Sushaaa/iStock)

Ein Mitverursacher des Bienensterbens im Visier: Gegen das gefürchtete Flügeldeformationsvirus lassen sich Bienen durch einen natürlichen Wirkstoff stärken, lassen Studienergebnisse hoffen. Mit dem Präparat behandelte Bienen zeigen eine deutlich erhöhte Widerstandskraft gegenüber einer Infektion und sind weniger von Beeinträchtigungen des Erinnerungsvermögens betroffen, die das Virus verursacht. So wird die Fähigkeit infizierter Bienen verbessert, nach der Futtersuche noch erfolgreich zum Stock zurückzukehren, berichten die Wissenschaftler.

Mit Sorge blickt die Menschheit auf ihre geschätzten Honigproduzenten und Bestäuber – die Insekten leiden unter dem sogenannten Bienensterben: Viele Völker auf der ganzen Welt sind geschwächt und die Verlustraten sind hoch. Wie aus zahlreichen Untersuchungen hervorgeht, liegt dem Problem eine Mischung aus verschiedenen Ursachen sowie deren Wechselwirkungen zugrunde. Als ein wichtiger Faktor gilt dabei das sogenannte Flügeldeformationsvirus. Von der Infektion schwer betroffene Bienen sterben innerhalb weniger Tage. Bei latentem Befall kommt es hingegen zu Fehlbindungen der Flügel, nach denen das Virus benannt ist. Frühere Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass der Erreger das Lern- und Erinnerungsvermögen der Bienen beeinträchtigen kann.

Bienenprobleme im Visier

Die Belastung durch das Flügeldeformationsvirus ist wiederum mit dem zweiten großen Problem der Bienen verknüpft: mit dem Befall durch Varroamilben. Die Blutsauger übertragen die Viren und schwächen die Bienen, sodass ihre Widerstandskraft leidet. Bisher versucht man die Milben vor allem durch chemische Bekämpfungsmaßnahmen in Schach zu halten, um den Bienen damit indirekt gegen die Erkrankung zu helfen. “Aber Imker sollten aus Gründen der Lebensmittelsicherheit keine Pestizide einsetzen. Also haben wir uns mit der Suche nach Möglichkeiten beschäftigt, die Widerstandskraft der Bienen gegen das Virus direkt zu stärken”, erklärt Erstautor Cheng-Kang Tang von der National Taiwan University.

Im Rahmen ihrer Studie haben sich er und seine Kollegen zunächst mit der Untersuchung grundlegender Effekte der Virusinfektion beschäftigt. Durch Analysen der Genaktivität in infizierten Bienen konnten sie zeigen, dass der Erreger die Expression von Genen unterdrückt, die mit dem Nervensystem und kognitiven Prozessen bei den Insekten zusammenhängen. Dabei handelt es sich somit offenbar um die Ursache der Störungen der Lern- und Gedächtnisfunktionen bei den Infektionen. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse rückte eine Substanz ins Interesse der Forscher, von der bereits aus anderen Studien eine günstige Wirkung auf Immunfunktionen und kognitive Leistungen bekannt ist: Natriumbutyrat (NaB). Dabei handelt es sich um eine Verbindung, die natürlicherweise etwa in vielen Pflanzen vorkommt.

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Mehr Widerstandskraft und kognitive Leistung

Um nun die mögliche Wirkung von NaB auf Bienen im Zusammenhang mit Infektionen durch das Flügeldeformationsvirus auszuloten, fütterten die Wissenschaftler Versuchstiere eine Woche lang mit NaB-haltigem Zuckerwasser. Danach wurden sie parallel zu unbehandelten Kontroll-Bienen mit dem Virus infiziert. Die anschließenden Auswertungen ergaben: Mehr als 90 Prozent der behandelten Bienen waren nach fünf Tagen noch am Leben, während 90 Prozent der infizierten Bienen, die kein NaB erhalten hatten, im gleichen Zeitraum starben.

“Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Fütterung der Insekten mit NaB vor der Virusexposition den negativen Auswirkungen des Krankheitserregers entgegenwirken kann”, resümiert Wu. Durch genetische Analysen konnten außerdem die Hintergründe dieses Effekts aufgedeckt werden: “Wir haben festgestellt, dass NaB einige Gene der Immunabwehr bei Bienen hochreguliert, was dazu beitragen kann, die Virusreplikation zu unterdrücken und die Überlebenschancen der Bienen zu verbessern“, sagt Wu. Zudem fanden die Forscher Hinweise darauf, dass bei den infizierten Bienen genetische Expressionsmuster durch die Gabe des Wirkstoffs günstig beeinflusst wurden, die mit kognitiven Fähigkeiten verbunden sind.

Inwieweit sich dies in realen Verbesserungen des Erinnerungsvermögens der Bienen widerspiegelt, untersuchten die Forscher durch Experimente mit Bienenvölkern im Freiland: Sie brachten dazu Monitore an den Eingängen verschiedener Stöcke an, um zu ermitteln, wie viele Bienen sie im Laufe eines Tages verlassen und anschließend wieder nach Hause zurückkehren. Die Forscher stellten fest, dass es im Durchschnitt nur der Hälfte von infizierten Bienen gelingt, in den Stock zurückzukehren. Ähnlich stark von dem Virus betroffene Tiere, die aber zuvor mit NaB behandelt worden waren, glückte die Heimkehr deutlich besser: Mehr als 80 Prozent fanden noch den Weg nach Hause, berichten die Forscher. “Das Besondere an der Studie ist, dass wir die Wirkung von NaB auf verschiedenen Ebenen untersucht haben – von der Genexpression über Wirkungen im Labor bis hin zum Verhalten im Freiland unter natürlichen Bedingungen”, sagt Wu.

Er und seine Kollegen sehen in dem Wirkstoff nun einen wichtigen Hoffnungsträger in der Bienen-Medizin. Deshalb wollen sie das Potenzial nun auch durch zusätzliche Untersuchungen weiter ausloten. “Natriumbutyrat ist sehr preisgünstig. Wenn sich die positiven Effekte bestätigen, wäre dies ein einfacher und erschwinglicher Ansatz für Imker, um ihre Bienen am Leben zu erhalten”, sagt Wu.

Quelle: Cell Press, Fachartikel: iScience, doi: 10.1016/j.isci.2021.103056

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