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Insektenschwund in Deutschland: Ursachen und Lösungen erforscht

DINA-Projekt

Insektenschwund in Deutschland: Ursachen und Lösungen erforscht
Insektenfallen
Beprobung fliegender Insekten mithilfe von sogenannten Malaisefallen. © Entomologischer Verein Krefeld

Auch in Deutschland nimmt die Insektenvielfalt immer weiter ab – sogar in Naturschutzgebieten. Welche Ursachen dies hat und was gegen den anhaltenden Insektenrückgang unternommen werden kann, haben Wissenschaftler aus acht Forschungseinrichtungen vier Jahre lang im Projekt DINA näher untersucht. Jetzt haben sie ihre Ergebnisse vorgestellt und geben Handlungsempfehlungen zum Schutz der heimischen Insektenwelt. Eine wichtige Rolle spielt dafür der Einfluss der Landwirtschaft und ihrer Pestizide bis weit in die Naturschutzgebiete hinein.

Im Jahr 2017 sorgte eine Langzeitstudie zum Zustand der heimischen Insektenpopulationen für Aufsehen und Sorge. Denn sie ergab, dass die Biomasse fliegender Insekten in der Zeit von 1989 bis 2016 um 76 Prozent zurückgegangen ist – und dies in Naturschutzgebieten. Zwei Jahre später bestätigte eine ergänzende Studie zur Biomasse, Häufigkeit und Artenzahl von Arthropoden in Grünland und in Wäldern diesen Trend auch für Insekten und Gliederfüßer insgesamt. „Die Betroffenheit war groß, als vor sechs Jahren das Ausmaß des dramatischen Rückgangs der Insektenvielfalt öffentlich wurde“, sagt Gerlind Lehmann, DINA-Projektleiterin beim NABU.

Landwirtschaft und vor allem Pestizide

Doch was sind die Ursachen für den Rückgang der Insekten? Aus den Daten der ursprünglichen Studie ging dies nicht eindeutig hervor. Die Lage der Probenstandorte in der Nähe intensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen legte aber nahe, dass der Verlust von Lebensraum, Nahrung und der Pestizideinsatz eine Rolle spielen könnte. Um mehr Klarheit zu schaffen, wurde 2019 das transdisziplinäre Forschungsprojekt „DINA – Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen“ initiiert. Unter Leitung des NABU – Naturschutzbund Deutschland haben darin Wissenschaftler aus acht Einrichtungen der Umwelt- und Biodiversitätsforschung erforscht, wo die Probleme für die Insekten liegen und wie Lösungsansätze aussehen könnten.

Heute wurden zentrale Ergebnisse des Forschungsprojektes vorgestellt. So zeigten die Untersuchungen, dass Insekten bei der Futtersuche längere Strecken zurücklegen als gedacht und besonders häufig Nutzpflanzen als Futterquelle aufsuchen. Dadurch sind selbst die Insekten in Naturschutzgebieten oft auf den umliegenden Feldern unterwegs – und dort Pestiziden ausgesetzt. „Pestizide werden auf Insekten in allen untersuchten Schutzgebieten nachgewiesen, wobei die Insekten in der Agrarlandschaft in einem Radius von 2000 Metern kontaminiert wurden“, berichten die Wissenschaftler. Oft waren bei den untersuchten Insekten mehrere Pestizide gleichzeitig nachweisbar, ihre Belastung stieg zudem in intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten an. „Angrenzende konventionell bewirtschaftete Ackerflächen wirken sich zudem nachteilig auf das Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten in benachbarten, geschützten Lebensräumen aus“, berichtet Thomas Hörren vom Entomologischer Verein Krefeld e.V. (EVK)

Was kann gegen den Insektenschwund getan werden?

Aus den Ergebnissen des DINA-Projekts ergeben sich auch wichtige Ansätze für die Lösung des Problems. „Wirksamer Insektenschutz muss nicht nur die Flächen im Gebiet, sondern auch in der unmittelbaren Umgebung in die Entwicklung von Schutzmaßnahmen einbeziehen“, sagt Florian Dirk Schneider vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. „Akzeptierte und praxistaugliche Lösungen für diese Herausforderung erfordern daher die Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft, Behörden, Politik und Zivilgesellschaft. Damit eine Trendumkehr für einen besseren Insektenschutz möglich wird, ist es wichtig, die Kooperationsbereitschaft, die bei vielen lokalen Beteiligten rund um ein Naturschutzgebiet besteht, auch zu nutzen und das Engagement für den Insektenschutz zu fördern.“

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Das Forschungskonsortium schlägt drei zentrale Handlungspunkte zum wirksamen Schutz der Insektenvielfalt vor:

1. Biodiversität in Zielsetzung und Planung für Schutzgebiete priorisieren: Damit die biologische Vielfalt in den ausgewiesenen Gebieten auch wirklich geschützt wird, sollte die umliegende landwirtschaftliche Nutzfläche einbezogen werden – etwa, wenn Strategien entwickelt und Maßnahmen geplant werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Randeffekte und Umgebungseinflüsse in einem Radius von bis zu zwei Kilometern in die Schutzgebiete hineinwirken.

2. Bundesweites Monitoring und ortsbezogene Risikoanalysen ermöglichen: Um die Risiken für die Insektenbestände besser abschätzen zu können, müssen mehr Daten durch Monitoring und Pestizidanalysen gesammelt werden. Dabei sollten besonders schützenswerte Gebiete priorisiert werden. „Eine konkrete Gefährdung für die Insekten im eigenen Schutzgebiet ist aus den vorhandenen Daten in der Wahrnehmung vieler Beteiligter noch nicht unzweideutig herzuleiten. Die Naturschutzbehörden und Landwirtschaftsbetriebe können vorbeugende Maßnahmen zum Schutz der Insekten deshalb nur bedingt rechtfertigen“, erklärt Schneider.

3. Mitwirkung aller relevanten Akteure fördern: Damit Schutzmaßnahmen auf der lokalen Ebene wirksam umgesetzt werden, müssen alle Beteiligten aus Landschaftspflege, Landwirtschaft, Naturschutz, Politik und Zivilgesellschaft einbezogen werden. „Dialogformate bieten hier die Gelegenheit zum Abgleich von Wissen, gegenseitigem Verständnis für Hindernisse und Interessenlagen und eröffnen Wege für Lösungen, die praxistauglich und konsensfähig sind“, so Schneider. Zudem sollte Biodiversität als wichtiger Bestandteil der Bildung für nachhaltige Entwicklung etabliert werden.

Quelle: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung; DINA Policy Brief – Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen des Forschungsverbunds

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