Schätzungen zufolge ist in Deutschland eines von 2.000 Babys bei der Geburt weder Junge noch Mädchen. Es hat beispielsweise einen winzigen Penis oder eine übergroße Klitoris beziehungsweise sowohl Penis als auch Scheide. „Die operierenden Ärzte rekonstruieren in solchen Fällen meist die weiblichen Geschlechtsorgane – einfach, weil das technisch leichter geht“, sagte Poustka. „Dies geschieht auch, wenn das Kind genetisch eindeutig ein Junge ist.“
Die Eltern erziehen das Kind dann als Mädchen. Es habe sich bei vielen Betroffenen jedoch gezeigt, dass sich das genetische Geschlecht letztlich durchsetzt. „Viele Intersexuelle bekommen in der Pubertät männliche Merkmale, der Bart beginnt zu wachen, aber die Brüste nicht.“ Poustkas These: „Die Hormone haben einen viel größeren Einfluss auf das Geschlecht als die soziokulturelle Prägung.“
Die unvermittelte Wandlung stürze die Betroffenen in eine Identitätskrise. Viele hätten bis zur Pubertät noch nicht gewusst, das sie als Intersexuelle auf die Welt gekommen und operiert worden sind. „Um Intersexuellen unnötiges Leiden zu ersparen, müsste man eigentlich empfehlen, das Geschlecht zweideutig zu belassen, wenn es nun mal nicht möglich ist, männliche Geschlechtsorgane nachzubilden“, sagte Poustka. Aber dies würden die „geschockten“ Eltern Intersexueller in der Regel nicht akzeptieren.
dpa