Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 8,90€/Monat!
Startseite »

Ist unser Sinn für Gerechtigkeit doch einzigartig?

Erde|Umwelt

Ist unser Sinn für Gerechtigkeit doch einzigartig?
Javaneraffen
Javaneraffen (Macaca fascicularis) am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen. © Anton Säckl/DPZ

Wir Menschen haben einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Verschiedene Experimente legen nahe, dass es bei manchen Tieren – darunter Affen, Wölfen und Krähen – ähnlich sein könnte. Doch offenbar unterscheidet sich ihr Gerechtigkeitsempfinden nochmal deutlich von unserem, wie eine aktuelle Studie zeigt. Demnach empfinden Affen eher eine Mischung aus sozialer Enttäuschung und Nahrungskonkurrenz statt Ungerechtigkeit im menschlichen Sinne.

Wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, etwa bei der Verteilung von Snacks, dann zeigen wir das meist deutlich. Wir beschweren uns oder verzichten auf die trockene Salzstange, wenn unser Gegenüber stattdessen ein Stück Sahnetorte bekommen hat. Bei Tieren wurde in Experimenten häufig ein ähnliches Verhalten beobachtet. Erhält ein Artgenosse für dieselbe Leistung eine bessere Belohnung, dann verzichtet das Versuchstier häufig „aus Protest“ auf die eigene. Doch bedeutet das wirklich, dass Tiere sich im Vergleich zu ihren Artgenossen ungerecht behandelt fühlen können?

Unbefriedigende Hebeltricks

Um das herauszufinden, haben Forschende um Rowan Titchener vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen verschiedene Verhaltensexperimente mit Javaneraffen durchgeführt. Das Grundprinzip: Die Tiere mussten an einem Hebel ziehen und wurden dafür mit minderwertigem Futter belohnt. Es lagen zwar auch hochwertige Belohnungen sichtbar bereit, doch die waren für die Affen unerreichbar. An zwei Stellen ließ sich der Versuchsaufbau variieren. So kam das minderwertige Futter entweder aus einem Automaten oder es wurde den Affen von einem menschlichen Trainer überreicht. Außerdem waren die Tiere entweder alleine oder in Sichtweite eines Partners, der für den Hebeltrick allerdings mit hochwertigem Futter belohnt wurde.

Titcheners Team beobachtete, wie die Affen auf die Situation reagierten – ob sie etwa das minderwertige Futter verweigerten, wenn sie sahen, dass ihre Kollegen bessere Belohnungen bekamen. Auf diese Weise konnten die Forschenden drei gängige Hypothesen testen, die das augenscheinliche tierische Gerechtigkeitsempfinden früherer Experimente erklären sollen. Die erste besagt, dass Tiere das minderwertige Futter verweigern, weil sie sich in einem menschlichen Sinne ungerecht behandelt fühlen und protestieren. Die zweite geht davon aus, dass die Tiere besseres Futter erwartet hatten und das schlechtere deshalb verschmähen. Die dritte Hypothese beruht auf sozialer Enttäuschung. Die Tiere fühlen sich von ihrem Trainer „betrogen“, weil sie von ihm bessere Snacks gewohnt sind.

Anderes Gerechtigkeitsempfinden als bei uns

Das Ergebnis: Wenn die minderwertige Belohnung aus dem Automaten kam, verweigerten die Javaneraffen sie so gut wie nie. Überreichte allerdings ein Trainer ihnen das Futter, dann verschmähten sie es in über 20 Prozent der Fälle. Daraus schließen Titchener und ihre Kollegen, dass die Affen enttäuscht von ihrem Trainer waren, weil er sich bewusst dazu entschieden hatte, ihnen eine schlechtere Belohnung zu geben. „An einen Automaten richten die Affen keine sozialen Erwartungen und werden daher auch nicht enttäuscht“, erklärt Titchener. Das Verhalten der Affen lässt sich laut Forschenden also am besten durch die dritte Hypothese, die der sozialen Enttäuschung, erklären.

Anzeige

Ebenso spielt laut den Wissenschaftlern aber auch ein gewisses Maß an Nahrungskonkurrenz eine Rolle. Denn sobald ein Artgenosse anwesend war, griffen die Affen im Schnitt schneller bei der Belohnung zu, auch wenn sie objektiv betrachtet nicht der leckerste Snack war. Die Ergebnisse der Studie bestätigen zwar, dass Affen auch eine Form des Gerechtigkeitsempfindens besitzen, doch dieses unterscheidet sich offenbar vom typisch menschlichen Sinn für Gerechtigkeit.

Quelle: Deutsches Primatenzentrum GmbH – Leibniz-Institut für Primatenforschung; Fachartikel: Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.221225

Anzeige
natur | Aktuelles Heft
Reizvolle Regionen
Aktueller Buchtipp

Anzeige
Serie: Hervorragend – Junge Menschen und ihr Engagement
Wissenschaftslexikon

po|ly|the|is|tisch  〈Adj.〉 zum Polytheismus gehörend, auf ihm beruhend

Pal|la|di|um  〈n.; –s, –di|en〉 I 〈zählb.〉 1 kultisches Bild der grch. Göttin Pallas Athene in Troja 2 〈fig.〉 schützendes Heiligtum … mehr

Mons|te|ra  〈f.; –, –rae [–r:]; Bot.〉 1 Angehörige einer Gattung der Aronstabgewächse, Kletterpflanze mit tief gezackten, häufig Löcher aufweisenden Blättern, Zierpflanze, in ihrer zentralamerikan. Heimat zuerst kletternd, später epiphytisch lebend 2 〈i. e. S.〉 im Zimmer kultivierte Zierpflanze: M. deliciosa; … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige