Einen Zusammenhang zwischen Komplexität des Balzgesangs und Hirnstruktur haben die Wissenschaftler inzwischen bei drei Vogelarten nachgewiesen: bei Schilfrohrsängern, Kuhstärlingen und Zebrafinken. Timothy DeVoogd, Leiter der Arbeitsgruppe, veranschaulicht: „Ein kunstvoller Vogelgesang ist wie ein Doktortitel: ein Erkennungszeichen für all die wünschenswerten Eigenschaften, die ein Weibchen sich für den Partner und die Kinder wünscht.“ Ein Vogel verkünde mit seinem Gesang: „Ich kenne die besten Futterplätze. Ich weiß, wie man geschützte Nistplätze findet“. Indem das Weibchen den besten Sänger wählt, erhöhe es den Erfolg seiner Elternschaft und die Überlebensfähigkeit der nachfolgenden Generationen.
Schon Charles Darwin fragte sich, warum durch natürliche Selektion Merkmale wie besonders auffälliges Gefieder oder eben verlängerter, komplexer Gesang bei Vögeln entstanden sind. Schließlich ziehen die Tiere mit solchen Eigenschaften die Aufmerksamkeit ihrer Feinde auf sich, gefährden sich also selbst. Er nannte diesen Evolutionsmechanismus, der durch die Wahl des Geschlechtspartners wirksam wird, „sexuelle Selektion“.
Während einerseits ein Männchen um so schöner singt, je klüger es ist, werden andererseits bei der Paarbildung auch die geistigen Fähigkeiten des Weibchens gefordert. „Das Lied zu erkennen, das 40 statt 38 Noten hat, ist keine triviale Aufgabe“, stellt DeVoogd fest. „Ihnen gelingt in 10 bis 15 Minuten, wozu wir Wissenschaftler mit Computerunterstützung drei Stunden brauchen.“ Es ist noch nicht bekannt, wie es den Weibchen gelingt, feinste Unterschiede zwischen den Gesängen ihrer Verehrer zu erkennen.
(Proceedings of the Royal Society)