“Der menschliche Fuß ist die Kontaktfläche zwischen unserem Körper und dem Untergrund”, erklären Luke Kelly und seine Kollegen von der University of Queensland in St. Lucia. “Die einzigartige Struktur des Fußes überträgt die Kraft der Beinmuskeln auf den Boden, trägt unser Körpergewicht und bewirkt eine Vorwärtsbewegung.” Im Laufe der Evolution zum aufrechten Gang entwickelten unsere Vorfahren dafür eine raffinierte Konstruktion des Fußes. In diesem spielt das Fußgewölbe – ein Gebilde aus von Muskeln und Sehnen gehaltenen Knochen – eine Schlüsselrolle. “Das Längsgewölbe erlaubt es dem Fuß, wie eine Feder zu wirken”, erklären die Forscher. Das Gewölbe wird beim Auftreten zu Beginn des Schritts zusammengedrückt und absorbiert die mechanische Energie. Lässt der Druck nach dem Abrollen dann nach, dehnt sich das elastische Gewölbe und gibt so diese Energie wieder ab. “Dieses elegante Arrangement erhöht die Effizienz des menschlichen Laufens. Es gibt allein durch passive Mechanismen zwischen 8 und 17 Prozent der für den Schritt benötigten Energie wieder zurück”, so Kelly und seine Kollegen.
Allerdings: Während unsere frühen Vorfahren noch barfuß umherliefen, ist dies bei uns heute eher die Ausnahme. Vor allem beim Joggen tragen wir meist spezielle Laufschuhe, die die Belastungen auf Fuß, Knöchel und Knie beim Rennen reduzieren sollen. Eine dicke, elastische Sohle dämpft dabei den Aufprall beim Schritt. Wie viel solche Schuhe aber bringen – und ob sie nicht sogar mehr schaden als nutzen, darüber wird schon seit Jahren heftig diskutiert. “”Es wurde spekuliert, dass die dämpfende Schicht zwischen Fuß und Boden das mechanosensorische Feedback stört”, berichten Kelly und seine Kollegen. “Zudem sollen die Schuhe die Beiträge von Fuß- und Knöchelmuskeln verringern und dadurch Muskelschwäche und das Risiko für Verletzungen erhöhen.” Um zu testen, ob an diesen Befürchtungen etwas dran ist, untersuchten und verglichen die Forscher die Biomechanik und die Muskelaktivität von Läufern mit und ohne Schuhe. Mittels Markern analysierten sie dabei sowohl die Bewegungen und Positionen von Knöcheln und Knien und leiteten mittels Elektromyografie (EMG) die Aktivität verschiedener Muskeln in Fuß und Bein ab.
Mehr Muskelspannung statt weniger
Die Auswertung ergab: Das Rennen in Laufschuhen verändert tatsächlich die biomechanischen Abläufe. So verändert sich die Neigung der Knöchel und die Schrittlänge. Noch deutlicher aber waren die Unterschiede in der Arbeit des Fußgewölbes: “Bei den Läufern in unserem Experiment zeigte sich weniger Kompression und Zurückfedern des Fußgewölbes als bei den Barfußläufern”, berichten die Forscher. Die Springfeder-Funktion des Fußes wird durch die dämpfende Wirkung der Schuhsohle geschwächt – weil die Sohle selbst schon einen Teil der Aufprallenergie absorbiert. “In dieser Hinsicht stützen unsere Ergebnisse zumindest zum Teil die Argumente von Kritikern”, so Kelly und seine Kollegen. Denn Sohle und Fuß wirken im Laufschuh wie zwei kombinierte, in Serie geschaltete Federn – jede von ihnen übernimmt einen Teil der Arbeit.
Die Kritik jedoch, dass diese zusätzliche Federwirkung der Laufschuhe zu einer Schwächung der Muskeln führt, sei nicht berechtigt. Wie die Forscher berichten, registrierten sie sogar einen Anstieg der Muskelaktivität bei den Läufern in Schuhen gegenüber den Barfußläufern. Vor allem die Muskeln im Fußgewölbe waren stärker angespannt und verliehen dem Gewölbe so zusätzliche Steifigkeit. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Spannung im Knöchel, was auch ihm mehr Festigkeit verlieh. “Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Veränderungen in der Biomechanik der unteren Gliedmaßen beim Laufen in Schuhen nicht das Ergebnis einer geschwächten oder reduzierten neuromuskulären Funktion sind”, konstatieren Kelly und seine Kollegen. Stattdessen führen sie sogar zu mehr Muskelspannung und -festigkeit in Fuß, Knöchel und Knie. Wie sie erklären, führt die dämpfende Wirkung der Sohlen zu einer Art Ausgleichsreaktion der Muskeln: Weil der Aufprall nicht mehr so hart ist, müssen Fußgewölbe und Knöchel weniger weich nachgeben und nicht mehr so stark als Puffer agieren. Deshalb bleiben die Muskeln etwas stärker gespannt. In jedem Fall seien daher Befürchtungen, das Laufen in gepolsterten Laufschuhen könne die Knöchel und Muskeln schwächen, unbegründet, so das Fazit der Forscher.