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Katalog sorgt für Klarheit in der Botanik

Neue Liste der Pflanzenarten

Katalog sorgt für Klarheit in der Botanik
Leipzig besitzt den ältesten Botanischen Garten Deutschlands und avanciert erneut zu einem wichtigen Zentrum der Pflanzenforschung. (Bild: Swen Reichhold)

Erweitert und aufgeräumt: Deutsche Forscher haben einen aktualisierten Katalog der bekannten Pflanzenarten erstellt. Die Datenbank umfasst 351.180 Gefäßpflanzen und 6160 natürliche Hybride und fügt den bisherigen Bestandsaufnahmen damit 70.000 Pflanzen hinzu. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler 181.000 verwirrende Artbezeichnungen aufgeklärt. In der internationalen Pflanzenforschung können Wissenschaftler dadurch jetzt besser sicherstellen, dass sie auch dieselbe Pflanze meinen, wenn sie eine Artbezeichnung benutzen.

Von den Wiesenkräutern über die Waldbäume bis hin zu den Kakteen: Die zahlreichen Vertreter der Gefäßpflanzen (Angiospermen) prägen das Gesicht unserer Welt und bilden die Grundlage der terrestrischen Ökosysteme. Schon seit Jahrhunderten beschäftigen sich Botaniker mit der Aufgabe, die Vielfalt des Pflanzenreichs systematisch zu erfassen: Sie beschreiben Arten und geben ihnen wissenschaftliche Bezeichnungen, die den verschiedenen Trivialnamen ein gemeinsames Fundament liefern. So trägt beispielsweise das im deutschen Sprachraum auch Tausendschön oder Monatsröserl genannte Gänseblümchen den wissenschaftlichen Namen Bellis perennis. Noch längst sind nicht alle Pflanzenarten der Welt systematisch erfasst: Es werden ständig weitere Arten neu entdeckt, beschrieben und benannt.

Ein Update war nötig

Als wichtigste Referenzquelle für das Wissen über die Pflanzenarten der Welt und ihre Namen galt bisher der Katalog „The Plant List“ der Royal Botanic Gardens Kew in London. Er wurde aber seit 2013 nicht mehr aktualisiert und umfasst viele unklare Informationen, die sich im Zuge der Erfassung der Pflanzenvielfalt in die Botanik eingeschlichen haben, berichten die Forscher um Martin Freiberg von der Universität Leipzig. So kommt es etwa häufig vor, dass es mehrere wissenschaftliche Bezeichnungen für eine Art gibt. Das kann daran liegen, dass Forscher aus unterschiedlichen Ländern und zu unterschiedlichen Zeiten diese Pflanzen unabhängig von aneinander beschrieben haben, weil sie sie jeweils für eine Neuentdeckung hielten.

„In meiner täglichen Arbeit im Botanischen Garten stoße ich regelmäßig auf Artbezeichnungen, die nicht eindeutig sind und die bisherigen Referenzlisten haben Lücken“, berichtet Freiberg. „Das bedeutet jedes Mal Recherchearbeit, die einen von der eigentlichen Arbeit abhält, und vor allem auch eine eingeschränkte Verlässlichkeit der Forschungsergebnisse. Diese Riesenbaustelle wollte ich so gut wie möglich beseitigen“, sagt der Forscher. In den letzten zehn Jahren hat Freiberg deshalb Informationen aus vielen Datenbanken zusammengetragen, sie abgeglichen und die dort verzeichneten Namen nach den bestmöglichen Kriterien vereinheitlicht. Zudem erfasste er anhand von 4500 Studien bestehende Ungleichheiten wie etwa verschiedene Schreibweisen und Synonyme. Außerdem ergänzte er die bestehenden Listen um Tausende von neuen Arten, die vor allem durch die modernen molekulargenetischen Analysemöglichkeiten in den letzten Jahren identifiziert worden sind.

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Neues Referenzwerk für Botaniker

So entstand der nun veröffentlichte „Leipziger Katalog der Gefäßpflanzen“. Wie Freiberg und seine Kollegen erklären, aktualisiert und erweitert er das bisherige Wissen über die Benennung der Pflanzenarten enorm. Die neue Liste umfasst 351.180 Gefäßpflanzen-Arten und 6160 natürliche Hybride innerhalb von 13.460 Gattungen, 564 Familien und 84 Ordnungen. Außerdem listet der Leipziger Katalog der Gefäßpflanzen sämtliche synonym genutzten Bezeichnungen auf und liefert weitere taxonomische Details. Damit enthält er über 70.000 mehr Arten und Unterarten als das bisher wichtigste Referenzwerk The Plant List, sagen die Wissenschaftler. „Der Katalog kann damit nun dabei helfen, dass Forscher auf dem gesamten Globus auch dieselbe Art meinen, wenn sie einen Namen benutzen“, sagt Freiberg.

Co-Autor Marten Winter vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig ergänzt dazu: „Fast jegliche Richtung der Pflanzenforschung ist abhängig von einer zuverlässigen Benennung von Arten. Moderne Wissenschaft heißt oft, Datensätze aus unterschiedlichen Quellen zu kombinieren. Hier muss einfach klar sein, welche Arten gemeint sind, um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen oder verschiedene Arten als eine Art darzustellen. Die neue Referenz ermöglicht nun eine viel geringere Verwechslungswahrscheinlichkeit. Und das erhöht natürlich die Sicherheit der Forschungsergebnisse“, so Winter.

Die Wissenschaftler hoffen auch, dass der neue Katalog dazu beitragen kann, Leipzig zu einem der weltweit wichtigen Zentrum der Pflanzenforschung zu machen. „Diese Arbeit war eine wahre Mammutaufgabe, und mit dem Leipziger Katalog der Gefäßpflanzen hat Freiberg der gesamten Pflanzenforschung weltweit einen unschätzbaren Dienst erwiesen“, sagt die Direktorin des Leipziger Universitätsherbars Alexandra Müllner-Riehl dazu abschließend.

Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Halle-Jena-Leipzig. Fachartikel: Scientific Data, doi: 10.1038/s41597-020-00702-z

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