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Klimawandel lässt Refugien für Korallenriffe verschwinden

Erde|Umwelt

Klimawandel lässt Refugien für Korallenriffe verschwinden
Korallen
Korallenbleiche vor Japan. © Beger Lab

Der Klimawandel gefährdet Korallenriffe noch mehr als bisher angenommen. Eine Studie zeigt, dass auch Gebiete, die bisherige Hitzewellen weitgehend ausgleichen konnten, bei weiter steigenden Temperaturen verschwinden werden. Ohne diese thermischen Refugien werden mehr als 90 Prozent der heute bestehenden Korallenriffe durch den Hitzestress zugrunde gehen. Um die Korallen zu schützen, wäre es demnach notwendig, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen auf deutlich weniger als die im Pariser Abkommen vereinbarten 1,5 Grad zu begrenzen.

Korallenriffe stellen ein einzigartiges Ökosystem dar. Erbaut von winzigen Nesseltieren, die pro Jahr nur wenige Millimeter wachsen, bilden sie die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der Erde. Sie bieten einen Lebensraum für zahlreiche Meerestiere, schützen die Küsten und sichern den Lebensunterhalt von rund einer halben Milliarde Menschen, die von Einnahmen aus Fischerei und Tourismus profitieren. Bedroht sind die Korallen zum einen durch lokale Faktoren wie Meeresverschmutzung, zum anderen durch den globalen Anstieg der Wassertemperaturen und die Versauerung der Meere in Folge eines erhöhten CO2-Gehalts.

Langsame Erholung nach Hitzeschäden

Ein Team um Adele Dixon von der University of Leeds in Großbritannien hat nun untersucht, in welchem Ausmaß die derzeit auf der Welt existierenden Korallenriffe gefährdet sind, wenn der Klimawandel fortschreitet. Dazu nutzten sie die neuesten Klimamodelle des Weltklimarats IPCC und kombinierten diese mit hochauflösenden Satellitenmessungen, die mit einer Genauigkeit von einem Kilometer die Oberflächentemperaturen der Meere weltweit erfassen.

Einen besonderen Fokus legten die Forscher dabei auf sogenannte thermische Refugien. Dabei handelt es sich um Meeresgebiete, die trotz global steigender Meerestemperaturen gute Temperaturbedingungen für Korallen bieten, etwa weil lokale Strömungen kälteres Wasser aus der Tiefe nach oben bringen. Auf diese Weise können sie Hitzewellen abfedern, die andernfalls dafür sorgen würden, dass die Korallen in Folge des thermischen Stresses sterben. „Nach einer Hitzewelle dauert es im Durchschnitt mindestens zehn Jahre, bis sich die Korallengemeinschaften wieder etabliert haben“, erläutern die Forscher. Als thermische Refugien zählten sie daher Gebiete, in denen solche tödlichen Hitzewellen in Zukunft wahrscheinlich seltener als einmal in zehn Jahren auftreten.

Die Refugien schwinden

Derzeit befinden sich 84 Prozent aller Korallenriffe in thermischen Refugien, in denen sie nach einer Hitzewelle genügend Zeit haben, sich zu erholen. „Wenn die globalen Temperaturen jedoch auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit ansteigen, haben nur noch 0,2 Prozent der Korallenriffe ausreichend Zeit, sich zu erholen, bevor es zur nächsten Hitzewelle kommt“, warnen die Forscher. „Bei einem Temperaturanstieg von zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau werden die thermischen Refugien ganz verschwinden.“

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„Unser Ergebnis unterstreicht die Tatsache, dass es für Korallenriffe keine sichere Grenze für die globale Erwärmung gibt“, sagt Dixon. Auch 1,5 Grad Celsius bedeuten immer noch eine beträchtliche Erwärmung für die Ökosysteme, die an vorderster Front vom Klimawandel betroffen sind.“ Verschwinden würden die Korallenriff-Refugien in Australien, Brasilien, der Karibik, Ostasien, dem Ostpazifik, Fidschi, Hawaii, dem Indischen Ozean, dem Persischen Golf und dem Roten Meer. Lediglich im Korallendreieck im westlichen Pazifik sowie in Polynesien würden bei Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels kleine Refugiumsgebiete erhalten bleiben.

Neue Schutzbemühungen erforderlich

„Diese Analyse bestätigt, dass dringend Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ergriffen werden müssen, und zwar noch in diesem Jahrzehnt, aber wir müssen auch die lokalen Managementmaßnahmen verstärken, um den Riffen zu helfen, die vorhergesagten Auswirkungen zu überleben“, sagt Co-Autor Scott Heron von der James Cook University in Australien. Bisherige Schutzmaßnahmen konzentrieren sich oft darauf, bestehende Refugien zu erhalten und durch Einschränkungen von Fischerei und Tourismus besonders zu schützen. Dies sei weiterhin sinnvoll, könne aber angesichts der steigenden Meerestemperaturen nur eine kurzfristige Lösung darstellen, da die Refugien trotz lokaler Schutzbemühungen langfristig verschwinden werden, so die Forscher.

„Um das Überleben von Korallenriffen zu sichern, muss stattdessen die Anpassung an höhere Temperaturen gefördert und die Abwanderung erleichtert werden“, schreiben sie. In ihrer Analyse identifizierten sie auch Regionen, in denen die Korallen bereits jetzt großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind und sich daran angepasst haben, etwa im Ostpazifik. „Dies sind die vielversprechendsten Kandidaten für ein Überleben durch Adaption“, so die Forscher. „Die unterstützte Evolution und die Umsiedlung hitzetoleranter Korallen müssen weiter erforscht werden, insbesondere für die Korallenriffregionen, die bei einer Erwärmung um 1,5 Grad Celsius voraussichtlich alle thermischen Refugien verlieren werden.“

Quelle: Adele Dixon (University of Leed, UK) et al., PLOS Climate, doi: 10.1371/journal.pclm.0000004

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