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Kloakenöffnung eines Dinosauriers rekonstruiert

Erde|Umwelt

Kloakenöffnung eines Dinosauriers rekonstruiert
Psittacosaurus
So könnte die Kloake des Psittacosaurus ausgesehen haben. (Bild: Bob Nicholls/Paleocreations.com 2020)

Abgesehen von Säugetieren verfügen die meisten Wirbeltiere über eine Kloake – eine Allzwecköffnung, die zur Fortpflanzung sowie zum Ausscheiden von Kot und Urin dient. Bei Dinosauriern wurde diese Öffnung nun erstmals anhand eines gut erhaltenen Fossils beschrieben. Die Rekonstruktion verrät zwar nichts über Geschlecht oder Alter des Individuums, enthüllt aber Hinweise auf das Fortpflanzungsverhalten der Dinos: Vermutlich hatten sie ähnlich wie heutige Krokodile Duftdrüsen neben der Kloake, mit denen sie Sexuallockstoffe absondern konnten. Die starke Pigmentierung rund um die Kloakenöffnung deutet außerdem darauf hin, dass sie visuelle Signale gesendet haben, wie es heute manche Vögel tun.

Vieles ist bereits über Dinosaurier bekannt: Anhand von Fossilien konnten Forscher den Körperbau und das Aussehen vieler verschiedener Arten rekonstruieren, Rückschlüsse auf ihre Nahrung und Lebensweise ziehen und sogar durch Pigmentanalysen herausfinden, wie sie gefärbt waren. Ein Bereich blieb bislang jedoch ausgespart: die Fortpflanzungs- und Ausscheidungsöffnung. Bei den meisten bekannten Dinosaurier-Fossilien ist diese Region nicht ausreichend gut erhalten, und selbst wenn, lag der wissenschaftliche Fokus oft auf anderen Merkmalen.

Vergleich mit heutigen Kloaken

Ein Team um Jakob Vinther von der University of Bristol hat die Kloakenöffnung der Dinosaurier nun erstmals rekonstruiert. Dazu nutzten die Forscher das Fossil eines Psittacosaurus. Dabei handelt es sich um einen pflanzenfressenden Dinosaurier, der ungefähr so groß war wie ein Labrador. „Ich habe die Kloake vor einigen Jahren bemerkt, nachdem wir die Farbmuster dieses Dinosauriers anhand eines bemerkenswerten Fossils rekonstruiert hatten, das im Senckenberg Museum in Frankfurt ausgestellt ist und dessen Haut- und Farbmuster deutlich erhalten sind“, erzählt Vinther. „Es hat lange gedauert, bis wir diesen Bereich aufarbeiten konnten, denn niemand hat sich je darum gekümmert, das Äußere von Kloakenöffnungen lebender Tiere zu vergleichen. Es war also weitgehend Neuland.“

Die Kloake des Frankfurter Fossils ist außergewöhnlich gut erhalten, sodass die Forscher die einzelnen Teile genau darstellen konnten. Um einen Vergleich zu haben, beschäftigten sie sich zusätzlich detailliert mit verschiedenen Kloakenformen, die bei heute lebenden Tieren vorkommen. Co-Autorin Diane Kelly sagt: „Wir fanden heraus, dass die Kloakenöffnung bei vielen verschiedenen Gruppen von Landwirbeltieren unterschiedlich aussieht, aber in den meisten Fällen sagt sie nicht viel über das Geschlecht eines Tieres aus. Diese Unterscheidungsmerkmale sind im Inneren der Kloake versteckt und leider sind sie in diesem Fossil nicht erhalten.“

Visuelle und olfaktorische Signale

Dennoch lieferte die Rekonstruktion den Autoren einige interessante Informationen: „Die seitlichen Lippen sind stark pigmentiert und mit kleineren, ineinandergreifenden Schuppen bedeckt, wodurch sie sich optisch von der angrenzenden Haut am Schwanz abheben“, berichten die Forscher. Sie vermuten, dass diese Pigmentierung bei der Balz dazu diente, die Geschlechtsöffnung zur Schau zu stellen und damit potenzielle Partner anzulocken. Dieses Verhalten ist heute beispielsweise von Pavianen, aber auch von einigen Vögeln bekannt. „Angesichts einer Stichprobengröße von nur einem Exemplar können wir allenfalls mutmaßen, ob die Signalfunktion sexuell war, aber dies ist eine Möglichkeit“, so die Forscher.

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Das Aussehen der Dino-Kloake ist einzigartig, weist aber Merkmale auf, die an lebende Krokodile erinnern. „Die seitlichen Schwellungen entsprechen der Position, an der sich bei Krokodilen Moschusdrüsen befinden, die im Rahmen des Paarungsverhaltens ein duftendes Sekret absondern“, erläutern Vinther und Kollegen. Womöglich haben also auch die Dinosaurier ihre Fortpflanzungspartner mit Geruchssignalen angelockt.

Der Paläokünstler Robert Nicholls, der ebenfalls an der Publikation beteiligt war, sagt: „Als Paläokünstler war es absolut erstaunlich, die Möglichkeit zu haben, eines der letzten verbliebenen Merkmale zu rekonstruieren, über das wir bei Dinosauriern nichts wussten. Zu wissen, dass zumindest einige Dinosaurier sich gegenseitig Signale gaben, gibt eine aufregende künstlerische Freiheit, über eine ganze Reihe von nun plausiblen Interaktionen während der Balz der Dinosaurier zu spekulieren.“

Quelle: Jakob Vinther (University of Bristol) et al., Current Biology, 2021

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