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Korallen: Gestörtes Timing durch Küstenbeleuchtung

Lichtverschmutzung

Korallen: Gestörtes Timing durch Küstenbeleuchtung
Vor allem im Roten Meer und im Persischen Golf sind die flachen und ufernahen Riffe von der weitverbreiteten Küstenbeleuchtung stark betroffen. © Sahchaf Ben Ezra

Auch in den Unterwassergärten der Welt schimmert es problematisch: Das künstliche Licht von Küstensiedlungen kann Korallen in nahen Riffen dazu verleiten, außerhalb der optimalen Fortpflanzungszeit zu laichen, berichten Forscher. Aus Daten zur Lichtverschmutzung in Kombination mit Beobachtungen geht hervor, dass die Nesseltiere in erhellten Riffbereichen ihre Keimzellen bis zu drei Tage verfrüht freisetzten. Die beeinträchtigte Synchronisierung der Fortpflanzung könnte besonders an den dichtbebauten Küsten des Roten Meeres den Korallenriffen schaden, sagen die Forscher.

Wo einst nur Mond und Sterne sanft leuchteten, machen heute Straßenlaterne und Co die Nacht zum Tage. Wie Studien der letzten Jahre gezeigt haben, kann sich diese sogenannte Lichtverschmutzung stark negativ auf viele Lebewesen auswirken. Vor allem nachtaktive Tiere wie Insekten, Vögel oder Fledermäuse werden von den künstlichen Lichtquellen irritiert. Darüber hinaus kann Lichtverschmutzung die inneren Uhren und „Terminkalender“ von Lebewesen durcheinanderbringen, die sich an Tageslängen oder Mondphasen orientieren. Lange standen dabei die Landlebewesen im Fokus. Doch mittlerweile mehren sich Hinweise darauf, dass auch aquatische Ökosysteme durch einfallendes Kunstlicht gestört werden. Denn im Leben von Lurch, Fisch, Koralle und Co können Lichtverhältnisse ebenfalls eine wichtige Signalfunktion besitzen.

Wie laichen Korallen im unnatürlichen Schimmer?

Zu diesem Wissen tragen nun die Ergebnisse der Forscher um Thomas Davies von der University of Plymouth bei. Die Studie baut auf einer früheren Untersuchung auf, bei der das Team die von der Lichtverschmutzung am stärksten betroffenen Meeresgebiete der Welt kartiert hat. Daraus ging hervor, dass 1,9 Millionen Quadratkilometer küstennaher Wasserfläche bis in eine Tiefe von einem Meter von biologisch relevanten Mengen von künstlicher Lichteinstrahlung betroffen sind. Für ihre aktuelle Studie kombinierten die Forscher diese Daten nun mit Informationen von 2135 Beobachtungen von Massenlaich-Ereignissen in Korallenriffen.

Dabei geben die winzigen Korallenpolypen einer Region normalerweise gleichzeitig ihre Keimzellen ins Wasser ab, damit sich möglichst viele fruchtbare Kontakte im Wasser ergeben können. Durch die Kombination der Daten zur Lichtverschmutzung und den Laich-Beobachtungen konnten die Forscher nun erstmals deutlich zeigen: In Riffbereichen, die nachts biologisch relevanten Mengen an Kunstlicht ausgesetzt sind, laichen die Korallen im Vergleich zu unbelasteten Regionen um ein bis drei Tage verfrüht.

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Verfälschte Mondlicht-Signale

Wie die Wissenschaftler erklären, liegt dies daran, dass sich die Nesseltiere am Mondzyklus orientieren. Das Kunstlicht kann dabei die natürlichen Helligkeitsverhältnisse im Zusammenhang mit Sonnenuntergang und Mondaufgang derart verändern, dass ein verfrühtes Signal zum Laichen ausgelöst wird, legen die Ergebnisse nahe. Das Ablaichen in unterschiedlichen Nächten verringert dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Koralleneier befruchtet werden und überleben, um neue Pioniere für die Regeneration von Riffen hervorzubringen, erklären die Forscher. „Korallen sind für die Gesundheit der Weltmeere von entscheidender Bedeutung, werden aber durch menschliche Aktivitäten zunehmend geschädigt. Diese Studie verdeutlicht, dass nicht nur die Veränderungen im Ozean Auswirkungen auf die Korallen haben, sondern auch die fortgesetzte Entwicklung der Küstenstädte“, sagt Davies.

Besonders betroffen sind die Korallenriffe im Roten Meer und im Persischen Golf, sagen die Forscher. Denn in den letzten Jahren wurden die Uferbereiche dort vielerorts stark ausgebaut. Oft stehen die Siedlungsstrukturen in Sichtweite zu den Korallenriffen, die nur flach von Wasser bedeckt werden. „Das Rote Meer und der Golf von Eilat/Aqaba sind aufgrund der Verstädterung und der Nähe der Riffe zu den Küsten stark durch künstliches Licht bei Nacht belastet. Es sollten dort nun dringend Maßnahmen ergriffen werden, um die Auswirkungen auf die empfindlichen marinen Ökosysteme zu verringern“, meint Co-Autor Oren Levy von der Bar-Ilan Universität in Israel.

Davies schlägt dazu vor: „Man könnte vielleicht versuchen, das Einschalten der nächtlichen Beleuchtung in den Küstenregionen zu bestimmten Zeiten zu verzögern, um sicherzustellen, dass die natürliche Dunkelperiode zwischen Sonnenuntergang und Mondaufgang, die das Laichen auslöst, erhalten bleibt. Dies würde möglicherweise eine Reihe von wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Fragen aufwerfen, ist aber etwas, das wir möglicherweise in Betracht ziehen müssen, um den Korallenriffen die besten Überlebenschancen zu geben“, so der Forscher.

Quelle: University of Plymouth, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-38070-y

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