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Korallenkillern ins Genom geblickt

Erde|Umwelt

Korallenkillern ins Genom geblickt
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Dornenkronen-Seesterne fressen auf einem Korallenriff (Foto: Oceanwide Images)
Sie sind als Korallenkiller berüchtigt: Die korallenfressenden Dornenkronen-Seesterne stellen eine der größten Bedrohungen für das Great Barrier Reef dar. Vor allem die massenhafte Vermehrung der Tiere macht dem sensiblen Ökosystem zu schaffen. Forscher haben nun das Genom der Seesterne sequenziert und unter anderem herausgefunden, wie diese miteinander kommunizieren – ein möglicher Ansatzpunkt für die Bekämpfung der Plagegeister.

Die Korallenriffe auf unserem Planeten sind akut in Gefahr. Naturwundern wie dem Great Barrier Reef machen zunehmend Tropenstürme und die vom Klimawandel geförderte Korallenbleiche zu schaffen. Eine der größten Bedrohungen geht jedoch von einem korallenfressenden Seestern aus. In Australien gilt der sogenannte Dornenkronen-Seestern inzwischen als Hauptverursacher des großen Riffsterbens. Das Problem: Acanthaster planci ist extrem fortpflanzungsfreudig und vermehrt sich massenweise. Zu diesem Zweck geben die Männchen Millionen von Spermien ins Wasser ab und animieren die Weibchen dazu, ihre Eier auszustoßen. In regelmäßigen Abständen kommt es dadurch zu einem Populationswachstum, das einer Plage gleicht. Dann überfallen die Seesterne die Korallen in Scharen und lassen lediglich deren Skelette zurück. Schon ein einziges Tier kann pro Jahr bis zu zehn Quadratmeter Korallenfläche abfressen – in der Masse ist der Schaden umso größer.

“Diese Ausbrüche beeinträchtigen die Gesundheit der Riffe stärker als die Korallenbleiche und andere Krankheiten zusammen – und machen sie außerdem anfälliger für Stürme”, schreiben Michael Hall vom Australian Institute of Marine Science in Cape Ferguson und seine Kollegen. Experten versuchen ohnehin angeschlagene Riffe inzwischen mit drastischen Mitteln von dem “Korallenkiller” zu befreien. So wurde am Great Barrier Reef bereits ein Roboter eingesetzt, der die Seesterne vergiften sollte. Die Forscher um Hall verfolgen nun jedoch einen anderen Ansatz: Sie haben sich das Genom der Dornenkronen vorgenommen, um darin nach möglichen Angriffspunkten zu suchen, mit der man ihren massenhaften Überfallen Heer werden könnte.

Kommunikation per Proteinwolke

Für ihre Studie sequenzierten die Wissenschaftler das Erbgut von zwei Dornenkronenseesternen aus unterschiedlichen Populationen: vom Great Barrier Reef in Australien und von einem Korallenriff vor der japanischen Insel Okinawa. Ihr besonderes Interesse galt dabei bestimmten Substanzen, die die Tiere immer dann ins Wasser absondern, wenn sie mit Artgenossen zusammenkommen. “Diese chemischen Wolken lassen die normalerweise eher passiven Seesterne hoch aktiv werden”, schreibt das Team. Mithilfe massenspektrometrischer Analysen fanden die Forscher heraus, dass es sich bei diesen Substanzen hauptsächlich um Peptidsequenzen handelt – viele davon scheinen spezifisch für die Art zu sein und bei keinem anderen Tier so vorzukommen. Ein Blick ins Genom der Seesterne zeigte, dass die abgesonderten Proteine hauptsächlich im äußeren Gewebe der Seesterne exprimiert werden.

Hall und seine Kollegen vermuten, dass die Dornenkronen-Seesterne mithilfe ihrer Proteinwolken miteinander kommunizieren. Wahrgenommen werden die Proteine von den Seesternen wahrscheinlich über sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die ähnlich wie Geruchsrezeptoren fungieren. Rund 950 für solche Rezeptoren codierende Gene identifizierten die Forscher im Erbgut der Tiere. Die Signalempfänger finden sich in großer Zahl im Sinnesgewebe der Dornenkronen – unter anderem im sogenannten Radialnerv, der direkt mit der Außenwelt in Kontakt steht. Eine ähnlich zahlreiche Ansammlung solcher Rezeptoren sei von Seeigeln bekannt, die ihr Verhalten ebenfalls als Reaktion auf olfaktorische Signale zu verändern scheinen, berichtet das Team.

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Da bestimmte Rezeptoren je nach Geschlecht der Seesterne anders exprimiert werden, könnten Männchen und Weibchen bestimmte Signale unterschiedlich wahrnehmen. Für die Wissenschaftler liegt damit der Verdacht nahe, dass die abgesonderten Proteine womöglich auch das Sexualverhalten der Tiere steuern. Stimmt das, könnten Forscher mit diesem Wissen künftig die Vermehrung der Seesterne gezielt manipulieren und auch auf andere Verhaltensweisen Einfluss nehmen. Denn die Forscher wissen jetzt, auf welche Peptide die Sinnesrezeptoren der Tiere reagieren. Demnach können sie ähnliche Verbindungen künstlich im Labor herstellen – und sie als Biowaffe im Kampf gegen die Plagegeister einsetzen, so die Hoffnung.

Quelle:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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