Unser hochentwickelter Verstand ist das Produkt eines Energiefressers: Das Gehirn ist beim erwachsenen Menschen für rund 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs des Körpers verantwortlich. Der Treibstoff unseres Denkorgans ist dabei die Zuckerform Glucose, die dem Nervengewebe fortlaufend über das Blut zur Verfügung gestellt werden muss. Diese enorme Investition hat sich in der Entwicklungsgeschichte des Menschen offenbar gelohnt: Das Hochleistungs-Hirn verbesserte die Überlebenschancen unserer Vorfahren und eröffnete ihnen viele Nahrungsquellen, die schlichteren Geistern verwehrt blieben.
Es wurde bereits vermutet, dass auch die ungewöhnlich lange Kindheit des Menschen auf die aufwendige Entwicklung unseres Denkorgans zurückzuführen ist. Die Ergebnisse der Forscher um Christopher Kuzawa vom Northwestern University in Evanston konnten diese Annahme nun untermauern. Ihre Ergebnisse basieren auf der Auswertung von Daten des Energieverbrauchs der Gehirne von 36 Personen. Von der Geburt bis zum Erwachsenenalter wurden bei ihnen wiederholt spezielle Hirnscans durchgeführt, die Rückschlüsse auf den Glucoseverbrauch zulassen.
Ein teures Hirn kostet eine lange Kindheit
Die Auswertungen zeigten: Der Energieverbrauch des Gehirns erreicht im Alter von etwa fünf Jahren sein Maximum. Über 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs des Körpers werden dann im Gehirn eines Kindes verfeuert. Dies geht wiederum mit einer Phase der verzögerten Körperentwicklung einher: In diesem Alter wachsen Kinder wenig und sind auch vergleichsweise wenig aktiv, berichten die Forscher. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser Körper es sich nicht leisten kann, während der frühen Kindheitsphase schneller zu wachsen, weil so viel Kraftstoff für die Hirnentwicklung benötigt wird“, erklärt Kuzawa.
Den Forschern zufolge spiegelt sich der Zusammenhang auch in einer Feststellung wider, die vielleicht schon viele Menschen bei der Alterseinschätzung von Kindern gemacht haben: „In einer bestimmten Entwicklungsphase wird es schwierig, das Alter eines Kindes anhand seiner Größe einzuschätzen“, sagte Kuzawa. „Stattdessen muss man das Sprachvermögen und das Verhalten als Anhaltspunkte nutzen“. Darin zeigt sich dem Forscher zufolge: Während der Phase des hohen Energieverbrauchs des Gehirns entwickelt sich der Mensch eher wenig körperlich, dafür aber geistig. Unser Denkorgan schafft in dieser Zeit die Grundlagen für die Fähigkeiten, die uns zu erfolgreichen Menschen machen.