Die Ursache dieser verminderten Botenstoffspiegel ? und damit möglicherweise verantwortlich für das Entstehen der Essstörungen ? könnten Antikörper gegen die Neuropeptide sein, wiesen Fetissov und seine Kollegen nun nach. Sie untersuchten das Blut von 12 Patientinnen mit Magersucht und 42 Patientinnen mit Bulimie und verglichen die Ergebnisse mit denen von 41 gesunden Probandinnen. Das Ergebnis: Obwohl auch bei der Kontrollgruppe Antikörper gegen Neuropeptide wie Melanotropin nachweisbar waren, enthielten die Proben der Probandinnen mit Essstörungen deutlich mehr dieser Abwehreiweiße. Bei den Frauen mit den ungewöhnlichsten Werten waren auch die für die Essstörungen typischen psychologischen Faktoren am stärksten ausgeprägt, darunter der Drang, dünn zu sein, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Misstrauen gegenüber anderen und soziale Unsicherheit.
Die Antikörper blockieren wahrscheinlich die Neuropeptide und stören so die Gleichgewichte in deren jeweiligen Regelkreisen, berichten die Forscher. Da die betroffenen Botenstoffe Schlüsselelemente bei der Kontrolle von Appetit, Körpergewicht und Motivation sind, entstehen auf diese Weise verhaltenspsychologische Auffälligkeiten, die wiederum zu den Essstörungen führen. Dennoch sei die erhöhte Antikörpermenge an sich nicht ausreichend für das Auftreten der Krankheiten, da auch bei einigen Kontrollpersonen erhöhte Level gefunden wurden. Möglicherweise werden sie nur dann gefährlich, wenn die Blut-Hirn-Schranke durch ständigen Stress durchlässiger ist und mehr Neuropeptide vom Blut ins Gehirn gelangen, so die Forscher. Sie hoffen nun, auf Basis ihrer Entdeckung neue Therapien gegen die bedrohlichen Essstörungen entwickeln zu können.