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Krieg im Blut bei Magersucht

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Krieg im Blut bei Magersucht
Frauen mit Magersucht oder Bulimie haben ungewöhnlich viele Antikörper gegen Gehirnbotenstoffe im Blut, die Schlüsselrollen bei der Appetitregulation und der Verhaltenskontrolle spielen. Das hat ein schwedisch-estnisches Forscherteam bei einer Studie mit insgesamt 95 Freiwilligen nachgewiesen. Je stärker die Essstörungen dabei ausgeprägt waren, desto ungewöhnlicher war auch das Muster der Antikörper im Blut, konnten die Wissenschaftler zeigen.

Bereits in früheren Studien hatten Wissenschaftler entdeckt, dass die Konzentration einer bestimmten Gruppe von Gehirnbotenstoffen, der so genannten Neuropeptide, bei Magersucht und der Ess-Brechsucht Bulimie ungewöhnlich niedrig ist. Neben dem Melanotropin, das eine Schlüsselrolle bei der Appetitregulation spielt, scheinen dabei auch Neuropeptide betroffen zu sein, die unter anderem an der Kontrolle von Stressreaktionen und des Sozialverhaltens beteiligt sind.

Die Ursache dieser verminderten Botenstoffspiegel ? und damit möglicherweise verantwortlich für das Entstehen der Essstörungen ? könnten Antikörper gegen die Neuropeptide sein, wiesen Fetissov und seine Kollegen nun nach. Sie untersuchten das Blut von 12 Patientinnen mit Magersucht und 42 Patientinnen mit Bulimie und verglichen die Ergebnisse mit denen von 41 gesunden Probandinnen. Das Ergebnis: Obwohl auch bei der Kontrollgruppe Antikörper gegen Neuropeptide wie Melanotropin nachweisbar waren, enthielten die Proben der Probandinnen mit Essstörungen deutlich mehr dieser Abwehreiweiße. Bei den Frauen mit den ungewöhnlichsten Werten waren auch die für die Essstörungen typischen psychologischen Faktoren am stärksten ausgeprägt, darunter der Drang, dünn zu sein, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Misstrauen gegenüber anderen und soziale Unsicherheit.

Die Antikörper blockieren wahrscheinlich die Neuropeptide und stören so die Gleichgewichte in deren jeweiligen Regelkreisen, berichten die Forscher. Da die betroffenen Botenstoffe Schlüsselelemente bei der Kontrolle von Appetit, Körpergewicht und Motivation sind, entstehen auf diese Weise verhaltenspsychologische Auffälligkeiten, die wiederum zu den Essstörungen führen. Dennoch sei die erhöhte Antikörpermenge an sich nicht ausreichend für das Auftreten der Krankheiten, da auch bei einigen Kontrollpersonen erhöhte Level gefunden wurden. Möglicherweise werden sie nur dann gefährlich, wenn die Blut-Hirn-Schranke durch ständigen Stress durchlässiger ist und mehr Neuropeptide vom Blut ins Gehirn gelangen, so die Forscher. Sie hoffen nun, auf Basis ihrer Entdeckung neue Therapien gegen die bedrohlichen Essstörungen entwickeln zu können.

Serguei Fetissov ( Karolinska-Institut, Stockholm) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0507204102 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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