In der Brunftzeit müssen Damhirsche (Dama dama) gut bei Stimme sein: Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass sie in der Paarungszeit bis zu 3.000 mal pro Stunde rufen. Ihre Brunftschreie sind zwar nicht ganz so dramatisch wie beim großen Verwandten, dem Rothirsch, aber dennoch für den Menschen bis zu einem Kilometer weit hörbar. Die Botschaft der stolzen Hornträger lautet: Hallo, die Damen, schaut, was für ein toller Kerl ich bin! Gleichzeitig soll der Radau aber auch Rivalen einschüchtern. Feine Details der Laute liefern Artgenossen Informationen über die Größe und den Status des jeweiligen Kandidaten. „Damhirsche gehören zu den eindrucksvollsten ‚Sängern‘ unter den Hirscharten und investieren viel Zeit und Energie in ihre Lautäußerungen“, erklärt Benjamin Krug von der Queen Mary School of Biological and Chemical Sciences in London.
Er und seine Kollegen wollten nun herausfinden, ob die Tiere auch einen bestimmten Aspekt der Rufe als Informationsquelle nutzen können: den Grad der Heiserkeit. Fortlaufend grölen – das geht nämlich auch am stärksten Hirsch nicht spurlos vorbei: Die Stimme klingt zunehmend heiser. Um ihrer Versuchsfrage nachzugehen, spielten die Forscher mitten in der Paarungssaison wilden Damhirschen unterschiedliche Aufzeichnungen von Rufen vor und analysierten ihre Reaktionen. Bei den Aufzeichnungen handelte es sich entweder um Laute von ausgeruhten Tieren, oder um vergleichsweise heiseres Geröhre von abgekämpften Kandidaten.
Den kann ich schlagen!
Ergebnis: Die Körpersprache, die Bewegungen und die Laute, mit denen die Zuhörer auf die Rufe reagierten, spiegelten wider, dass sie heisere Rivalen als weniger bedrohlich empfanden als solche mit einer unverbrauchten Stimme. Ihr Verhalten beim Hören der ermüdeten Stimmen drückte aus: Wo ist der Schwachmat? Den jag ich davon. Die Forscher schließen daraus, dass die Tiere instinktiv erfassen können, dass es sich bei den heiseren um vergleichsweise erschöpfte Tiere handelt, die sich bei einem Kampf leichter aus dem Feld schlagen lassen. Vor dem Hintergrund der anstrengenden Brunft der Hirsche erscheint dies plausibel: Durch die enormen Belastungen verlieren Hirsche in der Paarungsszeit über ein Viertel ihres Körpergewichts.
So ist die clevere Interpretation von Höreindrücken offenbar zu einem Selektionsvorteil geworden, der zu einem Teil des Kommunikationssystems der Damhirsche avancierte, sagen die Forscher. „Die Studienergebnisse helfen beim Verständnis, wie Wettbewerb die Evolution von Kommunikationssystemen beeinflusst hat“, konstatiert Co-Autor Alan McElligott von der Queen Mary School of Biological and Chemical Sciences.