Wenn Sprecher und Inhalt eines Satzes nicht zusammenpassen, reagiert das Gehirn genauso überrascht wie bei einem grammatischen Fehler im Satz. Das haben niederländische Wissenschaftler gezeigt, als sie Probanden sowohl inhaltlich unsinnige Sätze vorspielten als auch Sätze, die überhaupt nicht zu dem passten, der sie aussprach. Diese Reaktion erfolgt schon in Sekundenbruchteilen, zeigen die Ergebnisse des Neurowissenschaftlers Jos van Berkum.
Van Berkum und seine Kollegen spielten ihren Probanden per Kopfhörer Sätze vor, bei denen entweder ein Wort nicht in den Satz oder der Inhalt nicht zum Sprecher passte. Dabei zeichneten sie mittels
Elektroenzephalographie (EEG) die Gehirnwellen an der Kopfoberfläche auf. Hörten die Probanden zum Beispiel den Satz „Du wäschst Deine Hände mit Pferd und Wasser“, zeigten sie beim Wort „Pferd“ eine charakteristische Zacke im EEG, ein Zeichen ihrer Überraschung. Eine ganz ähnliche Zacke trat beim Wort „Britney“ auf, wenn ein Mann den Satz „Könnte ich nur aussehen wie Britney Spears!“ aussprach.
Die auffällige EEG-Zacke zeigt also an, dass irgendetwas der Erwartung des Zuhörers widerspricht, erklärt van Berkum. Bisher habe man angenommen, dass das Gehirn die Bedeutung von Sprache zunächst vor allem aus den Wörtern eines Satzes ableitet. Die neuen Ergebnisse zeigten jedoch, dass die Identität des Sprechers dabei von Anfang an genauso wichtig sei, sagt van Berkum. Diese Information werde sehr schnell berücksichtigt: Bei einer unerwarteten Identität des Sprechers reagierten die Probanden innerhalb von 200 bis 300 Millisekunden.
Jos van Berkum (Universität Amsterdam): Vortrag auf der Tagung der Federation of European Neuroscience Societies (FENS) in Wien (8. ? 12. Juli 2006) ddp/wissenschaft.de ? Christine Amrhein